Fahrbericht: Der neue Lexus RX [2016]

Lexus-Fahrer sind anders. Und das ist nicht böse gemeint. Aber es ist ein Fakt. Und das liegt vermutlich auch daran, dass ein Lexus immer auch ein wenig anders ist als die restlichen Mitbewerber im Segment. Noch ein Fakt: Kein anderer Hersteller setzt mehr Hybridmodelle im Premium-Segment um als Lexus! Und kein anderer Hersteller setzt derzeit auf ein derart extrovertiertes Design wie Lexus. Der neue Lexus RX macht da keine Ausnahme, er demonstriert die Eigenständigkeit, das “anders sein” – aber auf eine angenehme Art!

mein-auto-blog Test: Erste Fahrt im neuen Lexus RX

Turbo oder Hybrid? Hauptsache anders!

Mit dem neuen RX stellt Lexus bereits die vierte Generation des eigenen Premium-SUV vor. Bei mehr als  2.2 Millionen RX bislang und weltweit scheint das “Konzept” des “anderen Premium” durchaus auch aufzugehen. Wenngleich der RX in Deutschland eine Statistenrolle übernimmt. Und das trotz des extrem guten Preises. So kostet ein Lexus RX 400h mit 58.900 € gleich einmal knapp 10.000 € weniger als ein vergleichbarer BMW X5. Wobei der Münchner als Diesel-Darling angeboten wird und der RX als Hybrid. Bei der Systemleistung von 313 PS muss sich jedoch der RX-Fahrer nicht als Verlierer am Stammtisch fühlen. Dennoch. Der Lexus RX ist der Statist.

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Stolze Japaner

Hatta-San ist Chief-Engineer bei Lexus in Japan und verantwortet die Entwicklung des Antriebes. Fragt man ihn, worauf er besonders stolz ist, tritt die tiefe Liebe und der beeindruckende Sachverstand japanischer Auto-Ingenieure zu Tage. Es geht ihm nicht um die +14 PS des RH 400h gegenüber dem Vorgänger. Es geht ihm auch nicht um den Diabolo-Grill, das markante Gesicht oder die Voll-LED Scheinwerfer. Auch nicht das neue 12.3 Zoll große Display spielt eine Rolle. Techniker bleiben Techniker, egal, auf welcher Hierarchie-Stufe sie angekommen sind. Hatta-San spricht euphorisch über die Umgestaltung der Motorlagerung. Eine direkte Verbindung von Motor und Karosserie, eine tiefere Platzierung des Schwerpunktes, über die dadurch gewonnene Agilität des RX. Über die Probleme, die man hierfür lösen musste. Welche Baugruppen dafür komplett neu entwickelt werden mussten. Das Ziel der Übereinkunft von Komfort und Dynamik, ganz nach der Lexus-Idee.

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So fährt sich der Lexus RX 450h

Auch im neuen RX-Hybrid bleibt man sich bei Lexus treu und kombiniert einen Saugmotor über ein Planetenradgetriebe mit einem Elektromotor. Zum 3.5 Liter Benziner gehört unter der vorderen Haube noch ein 123 kW starker Elektromotor. An der Hinterachse arbeitet ein E-Motor mit 68 PS. Der Benziner leistet 262 PS – aber aufgrund des Hybrid-Layouts lassen sich die Motorleistungen nicht einfach addieren. 313 PS ist die von Lexus angegebene “Systemleistung” des gesamten Antriebsstranges.

“Nerv nicht!”

Die vermutlich größte Leistung bei der Entwicklung des RX 450h fällt wieder keinem auf. Darauf wette ich. Es ist die Fähigkeit, nicht zu nerven. Elektrisches Anfahren, den Benziner hinzuschalten, dynamisches Beschleunigen, lautloses Gleiten, elektrische Leistung rekuperieren – das alles geht permanent Hand in Hand und fällt dem Fahrer nicht auf. Dass der Antriebsstrang nicht ruckt. Dass es wunderbar leise bleibt. Dass man von der komplexen Steuerung im Antriebsstrang überhaupt nichts mitbekommt, es dürfte untergehen in der allgemeinen Erwartung an “Luxus und Komfort”.

Dabei ist es genau diese Disziplin, die man bei Lexus perfektioniert hat und der RX450h dürfte das “Nervt-Nicht-Oberhaupt” sein. Dazu passt die Überarbeitung des Fahrwerkssetups sehr gut. Als F-Sport markiert der Lexus RX zwar optisch den “Rabauken im Jogging-Dress”, aber unter dem Blech vereint er dynamisch variabel agierende Dämpfer mit aktiven Stabilisatoren. Zusammen mit einer Reifenwahl, die bewusst auf Niederquerschnitts-Reifen verzichtet, bietet der RX450h den Fahrkomfort, den man von einem Premium-SUV erwartet. Dabei bleibt er handlich und lässt sich durchaus aktiv über kurvige Landstraßen wedeln.

Was den Puls dann beschleunigt, ist jedoch nicht die Dynamik des RX. Es ist das Hybrid-Manko. Vom perfekten “er nervt mich nicht Antrieb” zum gefühllosen Antriebsstrang in nur einem Gedanken. Der Boost-Effekt der E-Motoren ist spürbar, ja – aber ebenso ist auch spürbar, dass man eben nichts spürt vom “Antrieb”. Das e-CVT (Planetenradgetriebe für den Hybridantrieb) gönnt keinen Moment des direkten “Schubgefühls”. Es fehlt die Verbindung zwischen Gasfuß und Straße, zwischen Drehmoment und Leistungsversprechen.

Zurück zum Gleiten. Zurück zum “nerv mich nicht”. Dann wird man zwar den Normverbrauch von 5.2 Litern auch nicht erreichen – aber mit weniger als 8 Liter dürfte man zurecht kommen. Wer den RX 450h mehr fordert,zahlt den Zuschlag jedoch direkt an der Tankstelle.

Großes Auto, kleiner Turbo: Der RX 200t

Die Alternative zum genialen Hybriden ist kein Dieselmotor. Dazu werden einfach zu wenige RX dort verkauft, wo der Diesel dominiert. Bei uns. Im Hauptmarkt USA spielen Diesel keine Rolle – nicht erst seit Dieselgate – und so fehlt uns für Deutschland die Diesel-Alternative schmerzlich. Kein Mensch würde bei Mercedes, VW, Audi und BMW auf die Idee kommen, die großen SUV ohne Diesel anzubieten. Noch nicht.

Die Alternative ist der “kleine” 2.0 Liter Vierzylinderturbo mit 238 PS und – viel wichtiger – 350 Nm Drehmoment. Damit offeriert der kleine Turbo mehr Kraft als der 3.5 Liter Sauger im Hybrid – muss aber eben auch auf die Drehmoment-Wogen der E-Motoren verzichten. Entweder Hybrid oder Turbo. Und den Turbo kann man als Allradvariante oder rein mit Frontantrieb ordern. Für 99% aller Fälle ist der Frontantrieb ausreichend. Aber alleine der Gedanke, einmal nur, einmal nur diese 1%-Situation meistern zu müssen, Allrad zu benötigen und dann in einem SUV ohne zu fahren, nein, dieser Gedanke sollte immer zum Allrad zu führen.

Der Vierzylinder fährt sich zudem so souverän im Umfeld des großen SUV, dass man sich einzig am “nörgelnden” Sound des Zweiliters stören könnte. Ein Handschaltgetriebe bietet Lexus erst gar nicht an, das verwendete 6-Stufen Automatikgetriebe könnte man nun ob seiner “nur” 6-Stufen kritisieren. Man läge damit aber falsch.

Denn die Automatik macht alles richtig. Sie schaltet nicht nervig hin und her, sie nutzt geschickt die ab 1.600 Umdrehungen anliegenden 350 Nm und zieht gerne auch mal im großen Gang nach vorne. Auch hier: “Er nervt nicht”! Der Lexus überzeugt selbst mit dem scheinbar zu klein dimensionierten Antrieb mit seiner Komfort-Auslegung. Im Drittelmix sollen 7.9 Liter 95 Oktan-Suppe auf 100 Kilometer ausreichen. Wir machen da mal ein dickes Fragezeichen dahinter.

Und warum kein Plug-In Hybrid?

Lexus und noch viel mehr der Mutter-Konzern Toyota ist der Hybrid-Pionier auf dem Automobilmarkt. Und gerade große SUV scheinen prädestiniert für den Plug-In Hybrid-Antrieb zu sein. Dennoch bietet Lexus den RX derzeit nicht als PHEV an. Warum?

Dazu muss man sich noch einmal überlegen, auf welchen Absatzmärkten der RX wirklich eine Rolle spielt. Unter anderem in den USA. Und dort wiederum spielen PHEV noch keine große Rolle.

Und für den deutschen Markt? Da wäre der Diesel-Antrieb wichtiger. Den jedoch hat der Toyota-Konzern nur für die rustikalen Offroader im eigenen Programm. Und so wird der RX auf dem dt. Markt wohl bleiben, was er ist: Eine Ausnahme.

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Fakten und Basiswissen

Der Einstiegspreis des Lexus RX beträgt als 200t mit Frontantrieb 49.900 €. Der Hybrid 450h fängt bei 58.900 € an und endet als F-Sport mit 76.350 €. Dann gibt jedoch auch die Aufpreisliste nicht mehr viel her. Etwas unverständlich jedoch die Aufpreispolitik bei den Assistenzsystemen. Head-Up Display, Totwinkel-Warner und 360° Kamera sind nicht in den Grundversionen erhältlich und kosten selbst bei F-Sport und Luxury-Variante noch 3.300 € Aufpreis.

Der neue RX ist ab dem 23. Januar auf dem deutschen Markt erhältlich.

 

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