New Mobility: Meilensteine der E-Mobilität

Noch vor knapp einem Jahrzehnt schien das E-Auto in Europa dauerhaft zum Nischendasein verdammt. Doch dann kam alles anders.  

Die E-Mobilität ist auf dem Weg zur dominierenden Antriebsform bei Pkw. Langfristig wohl sogar zur einzigen. Wie konnte das so schnell passieren? Fünf Ereignisse haben dabei eine entscheidende Rolle gespielt.  

2003 – Tesla wird gegründet

Zunächst sah das kalifornische Unternehmen eher aus wie das Elektro-Spielzeug eines exzentrischen Milliardärs. Doch Elon Musk meinte es von Anfang an ernst – und traf mit seinen extrem schnellen, hoch vernetzten und durchdigitalisierten E-Modellen genau den Zeitgeist. Nicht nur Weltverbesserer, Nerds und Tech-Freaks feierten das zur damaligen Zeit revolutionäre Antriebs-, Vertriebs- und Konnektivitäts-Konzept, das aus dem Auto eine Art rollendes Smartphone machte und aus dem Fahrer einen User.

Schon bald jagte das Model S in den USA der Mercedes S-Klasse die solvente Kundschaft ab – und auch die etablierten Hersteller merkten schmerzhaft, dass E-Antriebe nicht nur für die Fensterhebermechanik ihrer Verbrenner-Modelle interessant sind. Noch heute profitiert Tesla von seinem Pioniergeist – auch wenn der über lange Jahre mit hohen Verlusten erkauft war. Geld übrigens, das die etablierten Hersteller mittlerweile ebenfalls in die Hand nehmen mussten, um den Anschluss an die Kalifornier nicht zu verlieren.  

2015 – Der Diesel-Skandal wird aufgedeckt

Eigentlich war der Selbstzünder – und nicht das E-Auto – der Hoffnungsträger der deutschen und europäischen Pkw-Industrie bei der Bekämpfung des Klimawandels. Doch seine CO2-Sparsamkeit war teuer erkauft, wie 2015 in den USA herauskam: mit viel zu hohen und daher betrügerisch verschleierten Schadstoff-Emissionen. Nicht nur bei Volkswagen, sondern auch bei fast allen anderen Anbietern konnte der Diesel nur mit Tricks und Täuschungen vor den Zulassungsstellen bestehen.

Von dem Image-Desaster bei Kundschaft und Politik sollte er sich nicht mehr erholen, die Abkehr von der außerhalb Deutschlands schon länger umstrittenen Antriebstechnik beschleunigte sich. Die Autohersteller brauchten plötzlich schnellen Ersatz, um die zunehmend strengen CO2-Grenzwerte der EU erreichen und hohe Strafzahlungen vermeiden zu können. Das E-Auto war plötzlich die beste Option – und wurde vom Stiefkind zum Branchenliebling.  

2017 – China kündigt E-Auto-Quote an

Für den Volkswagen-Konzern ist China längst der „zweite Heimatmarkt“. Und auch die deutsche, europäische und amerikanische Konkurrenz will im Reich der Mitte gute Geschäfte machen. Entsprechend sensibel reagiert die Branche auf die politisch gesteuerten Entwicklungen vor Ort – etwa die 2017 angekündigte E-Mobilitäts-Quote, kombiniert mit einer intensiven Förderung des Stromer-Absatzes. Heute ist China der globale Leitmarkt für E-Autos, rund 1,5 bis 2 Millionen batteriebetriebene Fahrzeuge dürften dort dieses Jahr neu auf die Straße rollen.

Von europäischen Marken stammen davon allerdings relativ wenige – unter den zehn meistverkauften Elektro-Fahrzeugen finden sich neben dem Model 3 von Tesla ausschließlich Modelle chinesischer Marken. Denn die staatliche Förderung hat vor allem die heimischen Hersteller gestärkt, die ihren Fokus auf günstige Autos für die Masse gesetzt haben. Und die könnten künftig auch Europa fluten. Selbst westliche Marken, die nicht direkt vom chinesischen Markt abhängen, haben dann ohne konkurrenzfähige Modelle ein Problem.  

2019 – European Green Deal

„Deal“ war der zentrale Begriff bei den EU-Plänen zum grünen Umbau Europas. Zumindest aus Sicht aller zuvor noch zögerlichen Branchenvertreter. Denn spätestens da war klar, das E-Mobilität und alles was dazu gehört, auch ein richtig gutes Geschäft werden kann. Allein 2,2 Milliarden Euro an Fördergeldern hat die Kommission für eine grüne Verkehrswende bereitgestellt. Dazu kommen hohe Investitionen in Wasserstoff, Batterietechnik und Co. Wer etwas davon abhaben will, muss entsprechende Produkte und Dienstleistungen liefern. Und nimmt dafür vielleicht auch in Kauf, dass die EU-Kommission ab 2035 nur noch CO2-neutralen Fahrzeugen die Zulassung erteilen will.  

Ab 2025 – Euro 7 und Co.

Der CO2-Ausstoß ist nicht das einzige Problem des Verbrennungsmotors. Neben dem Klimagas produziert er auch diverse andere Schadstoffe, die zunehmen aufwendig aus dem Abgas entfernt werden müssen. Noch anspruchsvoller und damit auch teurer als bislang dürfte das mit der Einführung der Abgasnorm Euro 7 werden, die ab 2025 in Kraft treten dürfte. Die wird zwar – anders als von der Industrie lautstark befürchtet – voraussichtlich eher kein Verbrenner-Verbot durch die Hintertür, sondern höchstens eine sanfte Verschärfung aktueller Standards.

Das Leben wird für Diesel und Benziner dadurch aber nicht leichter – vor allem, da auch in anderen Teilen der Welt die Limits sukzessive angezogen werden. Einfacher hingegen hat es die E-Mobilität, die ohne lokale Emissionen auskommt und allerorts lockerer durch die Schadstoff-Zertifizierungen rutschen dürfte – was den Herstellern große Mengen Geld und Arbeitsaufwand spart.