Test: Renault Twingo – Smarter Stadttyp

Twingo, die clevere Kiste? Clever & smart? Die jüngste Generation des Kleinwagens von Renault hat einen deutschen Zwillingsbruder. Die Kooperation von Mercedes-Benz und Renault bringt zwei Geschwister heraus, deren Gleichteile-Strategie dennoch in jedem Konzern einen ganz eigenen Geschmack bekommen soll. W0rin unterscheiden sich also nun smart forfour und Renault Twingo? Im ersten Teil des Doppeltests versuchen wir, den Renault Twingo zu verstehen.

Test: Renault Twingo

Der smarte Kollege für die Stadt

Doppeltest von Renault Twingo und smart forfour | Teil 1

Knuffiger Kasten mit kurzen Überhängen. Ja, der neue Twingo ist optisch extrem gelungen. Und wir sind uns einig, die Optikwertung gewinnt der Franzose. Die Front hat das typische Renault-Markengesicht bekommen. Einen kleinen Kühlergrillschlitz, drollige Scheinwerferformen und kleine, abgesetzte, runde LED-Tagfahrlichter. Zum Design des smart kommen wir im zweiten Teil des “Doppeltests”.  Der Twingo ist ganz klar der schönere der Zwillinge geworden. Und obwohl es der Twingo ist, der nun von Generation 2 zu Generation 3 alles auf den Kopf gestellt und den Motor nach hinten gepackt hat, wirkt er wie die logische Weiterentwicklung der Twingo-Idee. Ein praktisches, ein pfiffiges, ein sympathisches Stadt-Auto. Und das, wo der Twingo doch so vieles aus “Hambach” vererbt bekam.

Renault Twingo international (87)

So fährt man in Frankreich

Fahrspaß definiert sich bekannt nicht alleine über die Motorleistung. Fahrspaß ist ein Gefühl, gemixt aus den Geschmacksrichtungen Lenkgefühl, Feedback, subtile Freude und dem Lächeln der anderen an der Ampel. Prollkisten, die Neid und Hass erzeugen können, die ein Lied singen können. Oder eben nicht. Wann wirkt ein Auto handlich? Was verrät es dir über die Straße? Fühlt man sich gut darin aufgehoben? Findet man sich auf Anhieb im Fahrzeug zurecht? Viele kleine Punkte abseits der ausgelutschten “0 bis 100” Frage sind ausschlaggebend für das “Fahrgefühl”. Für das Erlebnis beim Fahren. Und da macht es wirklich Sinn, den Motor nach hinten zu packen. Die Idee von smart, ein Stadtauto mit Heckantrieb zu konstruieren, ist noch immer richtig. Der Motor zwischen den Hinterrädern lässt der Vorderachse mehr Platz und ohne Antriebswellen zu den Vorderrädern lassen sich diese weiter einschlagen. Das sorgt für einen phänomenalen Wendekreis. Mit 8.6 Metern lässt sich der Twingo auf der Straße in der Stadt von Fahrbahnrand zu Fahrbahnrand wenden, ohne einmal zurücksetzen zu müssen. Und in Parkhäusern fährt man Slalom zwischen den rangierenden Kollegen. Zugleich liegt mehr Gewicht auf der Hinterachse, das bringt das “Käfer-Gefühl” zurück. Die Vorderachse lenkt, die Hinterachse schiebt an. So sollte es doch sein.

Renault Twingo international (117)

90 PS dürfen es sein!

Unser Test-Twingo kommt dank Turbolader auf 90 PS und wirkt so wie ein ordentlich motorisierter Stadtwagen. Und weil der Twingo erstmalig mit fünf Türen kommt, erstmalig mit Heckmotor und erstmalig mit Turbomotor, ist genau dieser Twingo in der Luxe-Version auch erstmalig ein richtiges Auto. Kein Zweit- oder Drittwagen mehr. Keine Gurke für Fahranfänger und auch keine Stadtbüchse für Pizza-Dienste. Hand geschaltet machen die 90 PS des nur 0.9 Liter kleinen Turbo-Dreizylinders richtig Spaß. Leise faucht es von hinten, es klingt nach weiter weg, als es die 2.30 Meter Innenraumlänge vermuten lassen. Das Klangbild des kleinen Turbos bleibt prägnant im Ohr, wer plötzlich Gas wegnimmt, hört den kleinen Dreizylinder prustend ausatmen.

Die Runde über die Autobahn ist im Twingo TCe 90 nicht völlig sinnfrei, aber so richtig Spaß machen tut es auf der langen Strecke nicht. Vor allem die Begrenzung auf Tempo 165 hat man bei Renault nur höchst ungewöhnlich hinbekommen. Erst läuft der Kleine gegen eine imaginäre Wand, dann verschluckt sich der Motor und wer auf dem Gas stehen bleibt, weil er denkt, der elektronische Begrenzer wird es richten, findet sich alsbald Kopf nickend bei Tempo 165 wieder – der Motor verschluckt sich, berappelt sich, verschluckt sich. So zumindest fühlt es sich an.

Die breite Serienbereifung mit Mischgröße(!) 165/65-15 vorne und 185/60-15 hinten sorgt für einen ordentlichen Geradeauslauf. Daran kann man nicht meckern. Aber Seitenwind findet der mittlerweile recht hoch bauende Zwerg ebenso doof wie die V-Max-Suche.

Zuhause ist der Twingo eben in der Stadt, als hätten wir es nicht erraten können. 135 Nm vom Motor, die schmale Bauform und der absurd kleine Wendekreis suchen den täglichen Spaß im “parkieren” (so sagt der Schweizer zum Parken, und der smart – also der Zwilling des Twingo – nun, der hat seine Wurzeln ja “eigentlich” in der Schweiz. Drum parkiert der Twingo nun)! Zügig von der Ampel weg und rechtwinklig in die nächste Seitenstraße. So viel Fahrspaß hat kein Twingo zuvor vermittelt. Nun auch kein “Marktbegleiter” in diesem Segment!

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Winziger Riese

Es klingt absurd, aber der Heckmotor sorgt für mehr Platz im Twingo. So wurde der Twingo satte 10 Zentimeter kürzer als der Vorgänger, hat aber einen um 13 Zentimeter längeren Radstand. Das spürt man im Innenraum recht deutlich. Zum ersten Mal lohnen sich beim Twingo fünf Türen. Zum ersten Mal sind die Rücksitze wirklich nutzbar.

Dass der Motor unter dem Kofferraumboden untergebracht ist, erkennt man aber auch an der Ladekante und dem dahinter fast auf gleicher Höhe anfangenden Ladeboden. Aber es stört nicht. Wer die Lehnen der Rücksitze steil stellt – es gibt zwei Fixierungen für die Rückenlehnen – der hat 219 Liter Laderaumvolumen. Die Rücksitzbank lässt sich im Verhältnis 50 zu 50 umklappen und für das nächste Billy-Regal kippt auch der Beifahrersitz. Bis zu 2.30 Meter lange Gegenstände lassen sich in den nur 3.59 Meter langen Twingo packen.

Unter der vorderen Haube bleibt im übrigen kein gesondertes Gepäckabteil übrig. Und wer einen Blick unter die Service-Klappe werfen will, der muss sich mit einer Not-Lösung arrangieren. Renault sagt, durch das Weglassen eines Scharnieres für die “vordere Haube” habe man 3 Kilogramm gespart. Dafür lässt sich die Haube nun aber auch nur wenige Zentimeter nach vorne lösen und man läuft Gefahr, die Kanten von Haube und Kotflügel durch Kratzer zu verschandeln. Zwei Spannbänder halten die Haube im nach vorne gezogenen Zustand fest. Das könnte im Winter zu einem nervenden Spiel ausarten, denn darunter befindet sich der Behälter für die Scheibenwasch-Flüssigkeit. Mensch Renault. Diese 3 Kilogramm hätten beim Leergewicht von 1.018 Kilogramm den Kohl auch nicht mehr fett gemacht.

Dass man die “eigentlich” clevere Box zwischen Fahrer und Beifahrer ein- und ausstecken kann – dank Deckel eignet sich die Box auch hervorragend als großer Müll-Eimer – mag im Werbeprospekt sinnvoll gewesen sein. Im Alltag kickt der Fahrer die Box mit schöner Regelmäßigkeit in den Beifahrerfußraum.

Bei den Schalter-Anordnungen hatte man auf “smarte” Cleverness gehofft, aber leider ist der Renault, ein Renault, ein Renault und das spürt man im Cockpit. Wie gewürfelt und von blinden Designern ohne Führerschein verteilt wirken die Bedienelemente. Da hilft auch das R-Link Multimedia-System nicht über den Frust hinweg, wenn man den Tempomat im Fußraum suchen muss.

Ausstellfenster in Reihe? Stört niemanden. Wer will denn hinten die Fenster öffnen? Wofür? Eben.

Der Verbrauch

[tabgroup] [tab title=”Alltagsfahrer”]Das Downsizing-Konzept geht nicht auf oder die Motoren sind nicht gut abgestimmt. 6-7 Liter im Alltag sind eher normal denn die Ausnahme.[/tab] [tab title=”Öko-Experte”]Den Verbrauch unter die 6.0 zu bekommen, bedarf buddhistischer Gelassenheit..[/tab] [tab title=”Ohne Rücksicht”]10 Liter durch die Düsen jubeln? Machbar. [/tab] [/tabgroup]

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Bleibt das Fazit:

Dieser Twingo ist smart, und clever!

Motoren und Getriebe? Renault-Technik. Multimedia? Renault-Technik. Verarbeitung? Renault.  Und so wirkt der Twingo rund. Richtig französisch. Nicht billig, nicht schlecht, aber eben auch eher “tolle Kiste und Praktiker” als “Premium-Stadtmobil”. Für unseren Teil II im Vergleich mit dem neuen smart forfour sind das “schlechte Vorzeichen”. Was soll der smart besser können? Trotz Aufpreis?

Der neue Twingo ist ausgefallen, ein wenig extravagant, praktisch und immer darum besorgt im Alltag. auch die notwendige Portion Spaß mitzuliefern. Damit ist der neue Twingo in sich ein geniales, ein schlüssiges Fahrzeug und wir warten nun auf den smart forfour!

 

[tabgroup] [tab title=”Technische Daten:“]

Renault Twingo ENERGY TCe 90

Verkaufsstart:   erfolgt
Basispreis:  11.990 €
Motorleistung:  898 ccm³
Antrieb und Getriebe:  manuelles 5-Gang Getriebe
Beschleunigung:  10,8 Sekunden von 0-100 km/h
Normverbrauch:  4,3 Liter auf 100 km
Höchstgeschwindigkeit:  165 km/h
Länge, Breite, Höhe, Radstand  3.595, 1.647, 1.557, 2.492 mm
[/tab] [tab title=”WWTBO?“]

What would the Blogger order??

Ìch würde den Basis-Benziner mit Start-Stop ordern, in der mittleren Dynamique-Ausstattung dafür 10.990 € (Liste!!) zahlen und als einziges Extra die manuelle Klimaanlage für 790 € ordern. Den Twingo in weiß bestellen und mich über ein cleveres Stadt-Auto freuen!

[/tab] [tab title=”Gut zu wissen“]

Dreizylinder mit und ohne Turbo

Konstruktive Gemeinsamkeit der Aggregate im Twingo sind die Aluminiumbauweise, die obenliegenden hohlgebohrten Nocken­wellen und 4-Ventil-Zylinderköpfe. Die innermotorische Reibung wird durch grafitbeschichtete Kolben­schäfte, eine reibungs­optimierte Steuerkette und Nocken mit Diamond-Like-Carbon-Beschichtung verringert.

Kompakte Bauweise gewährleistet hohe Alltagstauglichkeit

Durch den Motorblock mit 49 Grad Neigung sind die Twingo Motoren 15 Zentimeter niedriger als bei einem konventionellen Triebwerks­layout. Auf diese Weise kann Renault das Heckmotor­konzept des Twingo ohne Einbußen bei der Alltagstauglichkeit realisieren.

Beide Motorisierungen übertragen ihre Kraft über ein modernes
5-Gang-Schaltgetriebe auf die Hinterräder. Voraussichtlich ab Herbst 2015 ist der Twingo auch mit dem 6-Gang-Doppel­kupplungs­getriebe EDC (Efficient Dual Clutch) verfügbar.

[/tab] [tab title=”Link-Tipps:“]

Wie die anderen den neuen Renault Twingo erlebten:

  1. Michael Specht in der SZ
  2. MOTOR-TALK 

Galerien:

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Fotos im Artikel: Bjoern Habegger / Titelbild: Bjoern Habegger
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