Byton M-Byte – Der Antrieb ist Nebensache

Byton will nicht nur ankündigen, sondern liefern. Ende des Jahres stellt das chinesische Elektro-Start-up sein erstes Modell vor – das das Auto aus neuer Perspektive denken will.

Daniel Kichert folge Carsten Breitfeld als Byton-Chef nach

Wären alle Europa-Pläne chinesischer Autobauer aufgegangen, Deutschlands Straßen wären längst von Fahrzeugen aus dem Reich der Mitte geflutet. Doch mit der Elektromobilitätswelle bekommen Chinas Expansionspläne neue Energie. Besonders ehrgeizig ist man beim Premiumhersteller Byton. Schon 2020 sollen die ersten Autos hier anlanden.

Ein riesiger Bildschirm dominiert das Interieur

Bereits im Herbst auf der IAA will das Unternehmen aus Nanjing sein erstes Serienauto präsentieren. Zeitgleich beginnt die Produktion im eigens errichteten Werk in China. Anfang 2020 sollen die ersten Autos auf die Straßen der Heimat rollen, ab Jahresmitte startet die Expansion nach Nordamerika und Europa. Ende des Jahres ist dann Deutschland an der Reihe, kündigt Byton-Chef Daniel Kirchert an. Der Deutsche gehört zu den Gründern der erst Ende 2017 etablierten Firma, hat zuvor unter anderem für BMW in China gearbeitet.

Die reine Elektroauto-Plattform erlaubt üppige Platzverhältnisse

Kirchert und weitere Byton-Manager mit BMW-Vergangenheit gelten hierzulande ein wenig als Faustpfand für die Seriosität und Ernsthaftigkeit der ambitionierten Pläne. Dazu kommen einflussreiche Investoren wie der chinesische Internetgigant Tencent, der Autokonzern FAW und der Elektronikriese Foxconn. Eine weitere Investorenrunde steht laut Kirchert kurz vor dem Abschluss.

Der Byton M-Byte steht kurz vor dem Marktstart

Wichtigstes Argument beim Werben um Geldgeber ist das erste Auto der Marke. Der Byton M-Byte – ein elektrischer Crossover im Premiumsegment – soll im Herbst erstmals in der fertigen Serienversion gezeigt werden, womöglich im Rahmen der IAA. Was bislang in Form von Studien präsentiert wurde, zeigt den nicht unbedingt neuartigen, aber ungemein konsequenten Ansatz der Chinesen, deren Firmenname die Kurzform für „Bytes on wheels“ (Bytes auf Rädern) ist: Der M-Byte will kein klassisches E-Auto mit vernetzten Features und elektronischen Spielereien sein, sondern ein Smartphone auf Rädern. Das Auto ist nicht um einen Antrieb und die Räder, sondern um das Infotainment-System herum gebaut, dessen zentrale Manifestation ein gigantischer vertikaler Bildschirm im Armaturenbrett ist, der den Zugriff auf alles erlaubt, was im Leben außerhalb des Autos das Handy leistet.

Das Byton-Werk in Nanjing soll kurz vor dem Start der Serienproduktion stehen

Bei den technischen Daten des M-Byte hält sich Byton aus diesem Grund bislang lieber etwas zurück. Klar ist, dass es zwei unterschiedlich große Akkus geben wird, einen mit 71, den anderen mit 95 kWh Fassungsvermögen. Die Reichweiten liegen bei 400 bis 520 Kilometern, die Motorleistung bei bis zu 350 kW/476 PS in der Allradversion. Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit? Ausreichend, sagt Kirchert. Die Chinesen sind damit ein wenig der Gegenentwurf zu Tesla. Auch die Amerikaner setzen auf Vernetzung, Elektronik-Hightech und E-Antrieb – stellen aber ganz klar den Performance-Aspekt ihrer beschleunigungsstarken Limousinen und SUV ins Zentrum.

Bei Premium-Anspruch und Preis positioniert sich Byton in ähnlichen Sphären wie die Amerikaner. Rund 45.000 Euro soll die Basisvariante des M-Byte in Deutschland kosten, wobei zum Marktstart erst einmal die höherwertigen und teureren Ausführungen zu haben sein werden. Für den Vertrieb setzen die Chinesen ähnlich wie Tesla auf „Brand Stores“ in besten Innenstadtlagen, betrieben werden sollen sie von regionalen Autohändlern. Die werden auch den Werkstattservice übernehmen, vornehmlich mit Hol- und Bring-Service. Verhandlungen laufen laut Kirchert bereits.

Wichtigste Aufgabe für einen Erfolg in Deutschland dürfte aber zunächst sein, die Bekanntheit der Marke zu steigern. Zentrales Element dabei ist ein Auftritt auf der Frankfurter IAA im Herbst. Daneben wird es zahlreiche Einzelveranstaltungen geben, auf denen man potenzielle Kunden ansprechen will. Auf klassische Werbung verzichtet die Marke hingegen.

Neben Privatkunden sieht Byton auch im Mobilitätsgeschäft Chancen – so könnte der M-Byte und sein geplantes Schwestermodell, die Limousine K-Byte, im Car- und Ridesharing-Dienst eingesetzt werden. Irgendwann möglicherweise auch als autonomes Robotaxi. Die Technik wollen die Chinesen möglichst früh verfügbar machen: Der M-Byte soll vom Start weg Level-3-Autonomie an Bord haben, die das automatisierte Fahrern auf der Autobahn ermöglicht. In Vorbereitung ist Level-4-Technik, die den Fahrer auch im Stadtverkehr entlastet.

Das Gesamtpaket scheint viele technikaffine Kunden zu überzeugen: Rund 50.000 Vorbestellungen hat Byton nach eigenen Angaben weltweit bereits eingesammelt. Die sollen möglichst schnell bedient werden – rund 300.000 Autos will man bei voller Fabrikkapazität pro Jahr bauen. Dass interessante Produkte und ambitionierte Pläne trotz des wachsenden E-Auto-Markts keine Garantie für Erfolg sind, hat jedoch zuletzt das Start-up Faraday Future gezeigt, dessen fulminanter Start bereits verpufft scheint. Und auch die chinesischen Marken Nio und Weltmeister konnten ihre hochfliegenden Versprechen noch nicht einlösen. Und wenn nun auch die etablierten Hersteller wie VW, Mercedes und Audi in den Markt drängen, macht das die Sache für Byton und Co. also nicht einfacher.

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