Ganz schön geschmeidig

Porsches erstes batterieelektrisches Auto gibt es in verschiedenen Leistungsstufen von stark bis superstark. Schon die kleinste macht Spaß, zumindest solange man unterwegs ist. Das Laden der Batterie war übrigens nicht das Problem.

Für einen Sportwagen ist er zu groß, für eine Limousine ein wenig zu flach: Porsche versteht den Taycan als Sportlimousine. Aber eigentlich ist das erste rein elektrische Serienauto der Porsche-Neuzeit vor allem ein Vorreiter in Sachen E-Mobilität. Nach den Top-Versionen fand als letztes Modell die Basisvariante des Taycan den Weg zu den Händlern. Wir baten den hinterradgetriebenen E-Sportler zum Rendezvous, nicht ohne zur Vorbereitung schon mal die Porsche-Connect-App geladen zu haben, mit der wir schon vor der Ankunft des Fahrzeugs über Durchschnittsverbräuche und nicht zuletzt den Ladezustand informiert wurden. 

Optisch Porsche, jedoch ohne Klang

Gut sieht er aus. Breit, relativ flach, lang, durchtrainiert – ein Hingucker. Der Taycan ist klar als Porsche erkennbar, auch wenn ihm der charakteristische Sound eines Sportmotors abgeht. Die Basisversion, die ohne weitere Buchstaben oder Turbobezeichnungen auskommt, ist mit 300 kW/408 PS noch immer üppig motorisiert. In ihrem Fall machen sich die Pferde nur über die Hinterräder her, was dem Fahrspaß keinen Abbruch tut. Die Fahrleistungen sind über jeden Zweifel erhaben: 5,4 Sekunden gibt der Hersteller für den Standartsprint an, bei 230 km/h wird abgeregelt. Dass die übrigen Taycan-Versionen schneller sind und schneller beschleunigen – geschenkt. 

Wichtige als die Sekundenklauberei ist die Art und Weise, wie das Fahrwerk des Taycan Sportwagen und Limousine verbindet. Im normalen Drive-Modus – es gibt noch Range für besonders sparsame Touren und verschiedene Sportmodi – federt der Wagen geschmeidig über die Nachlässigkeiten deutschen Straßenbaus, ohne dabei etwas von seiner Exaktheit einzubüßen. Das Auto vermittelt maximales Vertrauen auch in schnellen Kurven und lässt die gut zwei Tonnen Leergewicht dabei vergessen. Auf der Autobahn entpuppt sich die Sportlimousine als entspannter Cruiser, der im Bereich der Richtgeschwindigkeit sogar ausgesprochen sparsam unterwegs ist. Porsche gibt einen WLTP-Verbrauch von 20,4 bis 24,8 kWh für 100 Kilometer an, womit eine Reichweite von 350 bis 430 Kilometern eingehen soll. Wir blieben bei sommerlichen Temperaturen, laufender Klimaanlage und flotter, aber entspannter Fahrweise bei Werten unter 20 kWh. Auf einer betont gelassenen Landstraßenrunde zeigte der Bordcomputer nach Ende der Tour sogar eine 16 vor dem Komma. Wer will, kommt also durchaus weiter als angegeben, jedenfalls in der richtigen Jahreszeit. Geht der Stromvorrat zur Neige, weist die App den Weg zum nächsten Schnelllader. Theoretisch fließen 225 kW pro Stunde in die Batterie, praktisch ist es weniger, aber der Ladestopp bei ziemlich leerer Batterie bis zur 80 Prozent-Marke ist in etwas über 20 Minuten absolviert. Über Nacht an der heimischen Wallbox wird der Speicher natürlich zu 100 Prozent gefüllt. 

Cockpit besser als im 911

Gefallen hat uns auch das Interieur, wenngleich mit ein paar Abstrichen. Die digitale Version des markentypischen Fünf-Uhren-Cockpits ist gut gelungen. Man kann die Anzeigen am Rand besser ablesen als im analogeren 911. Das Display in der Mittelbahn ist ebenfalls gut ablesbar und als Touchscreen auch vernünftig bedienbar. Das optionale rechte Display hatten wir nicht an Bord. Es hat auch niemand vermisst. Nicht so gut fanden wir den Ersatz der vielen Knöpfe und Schalter auf der Mittelkonsole durch eine große Touchfläche, deren Bedienung zwar mittels Klickeffekten eine gewisse haptische Rückmeldung gibt, die aber umständlicher zu bedienen ist als Schalter und die permanent verschmiert aussieht. Irritiert hat uns auch, dass man die Lüftungsdüsen nicht mechanisch verstellen kann. Die Steuerung des Luftstroms erfolgt ausschließlich über die Menüführung. Dafür klappte die Sprachbedienung des gesamten Systems vorzüglich. 

Ganz schön geschmeidig

Aussteigen gestaltet sich schwierig

Auch die Sitze und Sitzposition sind Porsche-like perfekt. Da mag man gar nicht mehr aussteigen. Was allerdings auch einen anderen Grund hatte. Wir geben gerne zu, etliche Kilos über unserem Normalgewicht zu liegen und generell nicht mehr so geschmeidig in Sportwagen hinein und wieder herauszukommen wie früher. Dass man sich beim Ein-und Aussteigen aber regelrecht Verrenken muss, hatten wir so noch nicht. Die Probe mit dem durchtrainierten 25-jährigen 75-Kilo-Norm-Mann und diversen anderen Versuchspersonen ergab keine Änderung. Der Ausschnitt zwischen B-Säule und Lenkrad ist einfach ziemlich eng und da nützt es auch nichts, wenn das Auto den Fahrersitz höflich zum Austeigen noch weiter hinter die B-Säule fährt. Davon wird der Einstieg nicht breiter. Auf der Beifahrerseite ohne Lenkrad ergiebt sich ein ähnliches Bild. Man stößt immer mit den Schultern an. So gesehen ist der Taycan kein Auto zum Brötchenholen.  

83.520 Euro kostet der Taycan in der Basisversion. Liest man die aufgelistete Serienausstattung fällt auf Anhieb nicht auf, was wirklich noch fehlen würde. So gesehen ist der Taycan einigermaßen fair eingepreist, wenngleich ein Porsche nie günstig ist. Trotzdem schafft man es, durch eifriges Klicken bei den Extras – größere Felgen, Chrono-Paket, anderes Leder und vieles mehr – den Preis in den sechsstelligen Bereich zu treiben. Unser Testwagen wies einen Listenpreis von 138.000 Euro und mithin Extras für mehr als 50.000 Euro aus. Das nennt man dann individualisiert.

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