Porsche Vierzylinder-Sportwagen – Zurück zur Vier

Porsche ist weit mehr als der ewige 911. So waren es anfangs die Vierzylinder-Racer 356, 550, 718 und 904 Carrera, die Porsche zu Angstgegnern etablierter Sportwagen machten. Sogar überlebenswichtig für Porsche wurde die Vierzylinder-Familie 924 bis 968. Eine Tradition im Zeichen der Vier, die jetzt der 718 Boxster und der 718 Cayman fortschreiben sollen.

Blickt man in die Vergangenheit, war der Sechszylinder-Boxer im 1996 lancierten Boxster eigentlich eine echte Überraschung. Der neue Einstiegsroadster sollte damals vom Image der Sechszylinder-Ikone 911 profitieren. Die Vierzylindertradition, an die die mit neuen Downsizing-Herzen ausgestatteten Mittelmotorbaureihen 718 Boxster und Cayman nun anknüpfen, reicht weiter zurück.

Die Grundlage aller Entwicklungen bildete der legendenumwobene Porsche Typ 60K10, den Ferry Porsche schon 1939 konstruierte, um an dem nie ausgetragenen Rennen Berlin-Rom teilzunehmen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war es dann das Projekt 356, das als erstes Serienmodell ein Porsche-Logo trug und von einem Volkswagen-Vierzylinder mit vergrößerten Ventilöffnungen und schließlich Doppelvergaser beschleunigt wurde. Zunächst mit Rohrrahmen, Aluminium-Karosserie und Mittelmotor, dann nach werbewirksamen Rennauftritten als Serienauto mit Heckmotor und Stahlblechrahmen.

Rasen statt sparen mussten dagegen Umberto Maglioli und Huschke von Hanstein bei der Targa Florio 1956. Die beiden Renntitanen raubten den Zuschauern den Atem, als sie mit dem 550 Kilogramm leichten und 99 kW/135 PS starken Porsche 550 A Spyder die gesamte sechs- und achtzylindrige Konkurrenz deklassierten. Befeuert wurde der 220 km/h schnelle Spyder von einem luftgekühlten Hochleistungs-Vierzylinder mit vier Nockenwellen, entwickelt vom späteren Unternehmenschef Ernst Fuhrmann.

Mit den Nachfolgern des 550 Spyder gelang Porsche ein noch größerer Wurf, denn die Typen 718 RSK und 718 RS60 galten auf vielen Pisten als geradezu unbezwingbar. Vor allem war es die Kombination aus federleichten 530 Kilogramm und 109 kW/148 PS bzw. 118 kW/160 PS starken Vierzylinder-Boxern, die 260 km/h möglich machten. Auf der Suche nach noch mehr Leichtigkeit kombinierte Porsche 1963 erstmals einen Stahlkastenrahmen mit einer Kunststoffkarosserie, die von Ferdinand Alexander Porsche in Form gebracht wurde. Das Ergebnis war der Porsche 904 Carrera GTS, ein Mittelmotorsportler mit weiterentwickeltem Fuhrmann-Vierzylinder, der sich 1964 bei der Targa Florio als unschlagbar erwies.

Willkommen im Vierzylinder-Club hieß es ein Jahr später auch für den Porsche 911.
Mit kleinem, 66 kW/90 PS freisetzendem Vierzylinder-Boxer und der Typzahl 912 kosteten die kultigen Coupés und neuen Targas deutlich weniger als die 911 mit Sechszylinder. Obwohl später von vielen Elfer-Fans verschmäht, war der bis 1969 gebaute 912 eine Erfolgsnummer, für die sich schon im Einführungsjahr 6.401 Sportwagenfans entschieden. Damit übertraf der kleine Boxer seinen großen Bruder um mehr als das Doppelte in den Verkaufszahlen.

Auch der erste bei Audi gebaute Porsche mit Vierzylinder-Frontmotor war ein für viele unwiderstehlicher Einsteiger-Porsche. Die Produktionszahl 100.000 erreichte der 1975 lancierte 924 in knapp unter fünf Jahren, für einen Sportler in diesem Segment rekordverdächtig. Zusammen mit seinen Weiterentwicklungen 944 und 968 wurden es insgesamt sogar über 325.000 Exemplare, mehr als bis dahin von jedem anderen Porsche.

Mit der Weltwirtschaftskrise von 1987/88 erlebten Sportwagen weltweit einen vorübergehenden Niedergang, der auch Porsche heftig traf. Dennoch waren es gerade die Gewinne aus dem Geschäft mit den Vierzylindern, die Porsche aus dem Tal holten und 1995 mit dem Mittelmotor-Modell Boxster in eine neue Epoche starten ließen. Eine Ära, die Sechs- und Achtzylinder, Elektro- und Dieselantriebe brachte.

(Wolfram Nickel/SP-X)

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