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#radical14 – Der Alfa Romeo 4C

Damals – in Hockenheim, bei der Präsentation für die dt. Presse, durfte ich den Alfa Romeo 4C zum ersten Mal fahren. Tief beeindruckt hat er mich damals. Einfach geil war die Konzentration auf das Wesentliche. Sportlich Auto fahren? Dazu braucht es keinen Schnickschnack, dazu braucht es ein vernünftiges Setup, eine gute Konstruktion, wenig Gewicht, ein wenig Dampf und viel ehrliches Feedback von der Straße. Und dann habe ich die ersten Artikel zum Alfa Romeo 4C gelesen und bin fast vom Glauben abgefallen.

Wertgeschätzte Kollegen fanden das Plastik im Innenraum zu billig. Die Verarbeitung sei lausig. Der 4C so hart, so laut, so unbequem und ein- und aussteigen würde ja mal gar nicht gehen. Mein Kopf knallte da hart auf den Schreibtisch vor mir. Ja mein Gott. Es geht um das Auto fahren an sich, pur, radikal, herzlich, emotional, leidenschaftlich und vor allem: Irgendwie so geil, wie früher! Nur im heute. Nur im Jetzt. Und dann liest Du den Schmarrn von den, wirklich, wertgeschätzten Kollegen. Nun gut, die fahren dann eben auch den Audi TTS in Ascari und finden dessen Einlenkverhalten sportlich. Da ist argumentieren sinnlos. Da ist das Herz schon längst in Dämmmatten und virtuelle Differenzialsperren gepackt.

Umso geiler war das Wiedersehen mit dem Alfa Romeo 4C als ich „zum #radical14“ in der Schweiz eintraf.

#radical14 – Der Alfa Romeo 4C

Der innere Schmelzpunkt, bei Tempo 90.

Ausgerechnet die Schweiz musste den tragisch komischen Nebendarsteller für das #radical14 Event abgeben. Ein Land in dem man bei Tempo 95 auf der Landstraße bereits die finanzielle Altersabsicherung aufs Spiel setzt. Ein Land voller winkligen Alpen-Pässe, voller in Stein gewürfelter Panoramen-Straßen. Wie geschaffen um vor dem ersten Gockelschrei zu einer Tour in Richtung „Wolkendecke“ aufzubrechen. Sich hinauf zu schrauben, gedrückt vom Ladedruck, gehalten von den P Zero Reifen. Natürlich wird der Alfa Romeo 4C mit Pirellis Edel-Sportschluffen bereift. Passt mir gut in das Konzept, denn Pirelli ist Partner des Blogs. Zurück zum Alfa, zurück zu den Bergen, zurück zu den Speedlimits.

Wer einmal Slalom-Rennen gefahren ist, der kann bestätigen: Für Fahrspaß und einen sauberen Slide nah an den eigenen Adrenalin-Limits braucht es keine Vmax-Attacken, keine 1.000 Plus PS, es braucht einen sauber im Gestühl fixierten Arsch, ordentlich Schub aus dem Keller und eine Lenkung die mit dir Tacheles redet. Womit ich wieder beim 4C bin. Denn genau dafür steht der jüngste, der reinste, Alfa Sproß. Ja, er hat Spaltmaße die in Ingolstadt als Lufteinlass durchgehen würden, ja dieses Plastik ist nicht ganz so geil, wie die Straßenseitige Motorraum-Abschottung des Audi TTS. Aber dafür siehst Du im Innenraum, nein du spürst, worum es gleich geht. Die Karosse des Alfa Romeo 4C besteht aus Carbon.  Im Pre-Preg-Verfahren werden die Carbon-Fasern zu einem Monocoque gewoben und später gebacken. In der Formel 1 ist das nicht wirklich anders. Und es wird mir bewusst, als ich mein Bein über den mächtigen Schweller wuchte. Der 4C empfängt mich Großherzig, in seinem winzigen Innenraum. Die Lenkung kommt ohne künstliche Unterstützung aus, sie ist so ehrlich wie ein fester Händedruck. Ganz egal was Premium-Autotester sagen, der Alfa Romeo 4C ist der Herzschlag einer Fahrzeugklasse, die man lange für Tod hielt. Da mag es den englischen Patienten gegeben haben. Angeschlossen an eine Herz-Rythmus-Maschine hat man dort in homöopathischen Dosen die pure Essenz des Fahrspaßes abgefüllt und die schrumpfenden Lager der Anhänger einer puren Philosophie mit Grundnahrungsmitteln versorgt. Aber so richtig Puls hat man dort nicht gespürt.

Der Alfa Romeo 4C ist bereits jetzt erfolgreicher, als man dies in Italien selbst erwartet hat. Man kommt mit dem Backen der Carbon-Hütten kaum nach, der Turbo-Motor kommt aus dem Luftholen nicht mehr heraus. Einen Alfa Romeo 4C kauft man nicht einfach so beim Händler. Man muss Glück haben, wenn man einen zugeteilt bekommt. Umso schöner wenn die Presse-Abteilung einen 4C für das Event abstellen konnte.

Die Schweiz – Tempo 90 – Der Paß – Lebenslust im Alfa Romeo 4C

Disclaimer: Wenn in den folgenden Zeilen der Verdacht aufkommt, der Testwagen wäre im Rahmen des Events schneller als erlaubt unterwegs gewesen, so ist dies der blumigen und übertriebenen Beschreibung geschuldet.

Den 1.750 ccm kleinen Turbomotor zu zünden ist ein Akt der Provokation. Laut und ungehorsam meldet sich der 240 PS Vierzylinder zum Dienst. Gekoppelt wird er mit einem Doppelkupplungsgetriebe und das ganze Paket kann man auch in weniger leidenschaftlichen Autos fahren. Aber hier, wo der Vierzylinder-Turbo im Prinzip direkt aus der Ohrmuschel heraus einatmet, er mit seinem unrunden Leerlauf und den daraus entstehenden Vibrationen die dünne Polsterung der Arschbacken-Klemmen in Schwingung bringt. Da fühlt sich die Großserien-Technik ganz plötzlich Begeisterungswürdig an. Es gibt Menschen, die glauben in der Tat, die Doppelkupplung sei die Beste Lösung im 4C (wie dieser Mechtel) – ich glaube das nicht. Ich hätte ein manuelles Getriebe bevorzugt, hätte gerne selbst die Kupplung zupacken lassen, nicht per Flippertasten die Hälfte des Spaßes einem Automaten übertragen. Gerade weil der Vierzylinder so heftig durch die Auspuffrohre rotzt, weil man in den Bergen am Haftlimit der Hinterachse selbst entscheiden will, wann geschaltet wird. Ja – das DCT ist nicht völlig Mist. Aber viel geiler, viel passender zum Paket, wäre eine Handschaltung. Eben weil auch die Vorderachse ohne Unterstützung auskommt. Hier diskutiere ich am Einlenkpunkt in glasklaren Botschaften mit der Haftung der Vorderachse. Zuviel? Zu schnell? Im 4C ist die Vorderachse bewusst als die klügere Achse auserkoren wurden, drum gibt sie auch zuerst auf. Am Furka-Pass die Hinterachse verlieren? Will man vermutlich nicht. Drum fährt sich der 4C pur und ehrlich, trotz Mittelmotor und Heckantrieb ist es aber die Vorderachse die Dir sagt, wann es zuviel wird.

Auf dem Weg zu diesem Punkt, dem Punkt an dem sich auch der 4C mit der Neutralität der Schweiz überfordert fühlt und sich zackig flott beim aus der Haut fahren erwischen lässt, bist Du auf jeden Fall immer dem vollständigen Verlust Deiner finanziellen Altersabsicherung nah. Oder darüber hinaus.

Alfa Romeo 4C 06 radical14 tobyheil

Dein Herz schmilzt aber viel früher. 

Mit 240 PS war der 4C der schwächste Vertreter beim #radical14, er war aber auch der leichteste.  Da stören die paar Kilo zuviel (ja, ja, ja) die der Pilot mitbringt,  höchstens beim abheben. Beim einlenken, bei der Suche nach der geografisch korrekten Mitte des avisierten Scheitelpunkts, beim geräuschvoll durch Dein Mittelohr verlaufenden Aufbau des Ladedrucks, da ist die Gesamtbilanz des 4C trotz Wohlstandbauch des Piloten noch immer den ganz großen Granaten des Events ebenbürtig. Und wenn gar ein Eingeborener im 4C rudert und mit der Gnade der Streckenkenntniss gesegnet den Furka-Pass erstürmt, dann müssen sich die Altmeister vom Schlage eines Porsche 911 GT3, Ferrari 458 speciale, F-Type S und Corvette C7  schon ordentlich strecken.

Ich persönlich habe den 4C an diesem Tag nicht in die Limit-Regionen der Schweizer-Alpenpässe entführt. Wie alle anderen auch, fuhren wir nie schneller als Tempo 90. Nur die Kurven waren enger als sonst, die Straße schmäler als sonst und die Glückshormone, die waren auch mehr als sonst.

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