Die Zukunft hält für Automobil-Hersteller so einiges an Herausforderungen bereit. Weniger Kraftstoffverbrauch und geringere CO2-Emissionen sind klar gesetzt und die Grenzwerte für den Flottenverbrauch werden von den Gesetzgebern weiter gesenkt. So will der Gesetzgeber in den USA bis 2020 eine Emission in der Flotte von 133 g/km erreichen, in China sind es 117 g/km und in der EU sogar 95 Gramm CO2 je Kilometer als Grenze.
Wie man als Automobil-Hersteller unter diese Grenzen kommt, welche Techniken die Steigerung der Effizienz bei Benzinmotoren weiter vorantreiben und wie man ein sparsames Auto, noch sparsamer macht, dazu konnten Prof. Dr. Gutzmer (Mitglied des Vorstandes der Schaeffler AG) und José Avila (Mitglied des Vorstandes der Continental AG) nun auf einer gemeinsamen Pressekonferenz zur Präsentation des „Gasoline Technology Cars“ wichtige Informationen liefern.
SCHAEFFLER und Continental gehen davon aus, dass auch 2025 Benzinmotoren die Mehrheit der Antriebslösungen darstellen. Der Dieselmotor ist für Personenkraftwagen in vielen Teilen der Welt keine Alternative und bleibt mit prognostizierten 17 % Marktanteil ein „Nischenprodukt“. Der Benzinmotor wird mit 57 % weiterhin den Großteil der Antriebslösungen ausmachen. Die größte Veränderung bei den Benzinmotoren ergibt sich in der Turboaufladung und Direkteinspritzung. Die wichtigste Erkenntnis ist jedoch, auch bis 2025, also in 10 Jahren, werden nicht mehr als 3% aller Fahrzeuge über einen Elektro- und oder Hybrid-Antrieb (inkl. Plug-In Hybrid) verfügen. Ja, der Markt für diese Fahrzeuge wächst und 3% des Weltmarktes in 2025 dürfte sich auf 30 bis 35 Millionen Fahrzeuge beziehen. Denen stehen jedoch 230 Millionen Fahrzeuge mit Turboaufladung und Benzindirekt-Einspritzung gegenüber. Wollen die Fahrzeug-Hersteller also die Flottenverbrauchsziele erreichen, dann sind die „klassischen“ Antriebslösungen in der Pflicht.
Vom EcoBoost zum GTC
Fords Dreizylinder-Turbomotor mit einem Liter Hubraum war bereits mehrfach „Engine of the year“ und zählt, verbaut in der Kompaktklassen (Ford Focus) zu den effizientesten Triebwerken. Der EcoBoost-Dreizylinder leistet 92 kW (125 PS) und ist mit seiner CO2-Emission von 114 Gramm je Kilometer ein echter Umweltfreund. Ausgerechnet diesen Motor haben sich die Automobil-Zulieferer Conti und Schaeffler jedoch ausgesucht um zu demonstrieren, wie viel Spiel- und Entwicklungsraum für den „klassischen“ Benziner vorhanden ist.
Motorblock und Zylinderkopf blieben unberührt. Der Turbolader wird bereits von Continental geliefert. Was man im Rahmen des „Gasoline Technology Cars (GTC)“ veränderte, waren die Einspritzdüsen, ein neues integriertes „Thermo-Managementmodul“ für die kontrollierte Aufheizung des Motors und besonders wichtig, der 48-Volt Riemen-Generator. Natürlich wurde auch das Motorsteuergerät adaptiert, hier wurde aber keine systemische Veränderung vorgenommen. Abseits des Antriebs erfolgt ein Umbau der klassisch hydraulisch betätigten Kupplung auf ein „Clutch-by-wire“ System.
Während die Einspritzdüsen alleine bereits dafür verantwortlich sind, dass der zuvor EU5 klassifizierte Motor nun die EU6c-Vorgaben erfüllt, sind die Veränderungen die der Einbau des 48-Volt Riementriebs bewirkt, ein ganzes Stück umfangreicher. In Zusammenarbeit mit einer Lithium-Ionen Batterie arbeitet der so zum GTC umgebaute Ford Focus nun als „Mild-Hybrid“ ohne Hochvolt-System.
Der 48 Volt Generator arbeitet als Lichtmaschine, Anlasser und Elektromotor und leistet bis zu 14 kW. Diese zusätzliche Power wird über den Riementrieb direkt an die Kurbelwelle des Motors gegeben. Der so eintretende Effekt kann bei ersten Testfahrten als „Boosting-Funktion“ erfahren werden. Der 1.0 Liter Turbo packt dank der E-Power auch aus niedrigen Drehzahlen kraftvoll an und lässt das (bereits in Serie kleine-) Turboloch des EcoBoost völlig verschwinden. Der so modifizierte Focus zieht aus niedrigsten Drehzahlen wie ein Hubraumriese los. Elastisch und dynamisch, so der Eindruck des bis zu 135 Nm leistenden E-Generators. Der E-Motor arbeitet umgedreht auch als leistungsfähiger „Dynamo“. Für etwa 20 Sekunden kann der Generator 10 kW Antriebsenergie rekuperieren und so die 460 Wh große Batterie laden. Der 10 Ah starke Batterieblock ist bewusst nicht größer ausgefallen, als eine klassische Batterie. Natürlich könnte man immer „noch mehr Energie“ speicher, das gesamte „48V EcoDrive Generatorsystem“ soll jedoch nur als „milde“ und vor allem Kosteneffiziente Hybridisierung verstanden werden.
Wichtiger Baustein des GTC ist das „Clutch-by-wire“ System. Eine Entkopplung von Kupplungspedal und Kupplungsbetätigung ermöglicht das vom System gesteuerte „entkuppeln“ und damit das segeln des Fahrzeuges. Bereits im klassischen Stop-and-Go Verkehr in der Stadt ermöglicht das rollen des Fahrzeuges, bei ausgeschaltetem Motor, eine Effizienzsteigerung und Benzineinsparung. Solche Systeme sind von Hybriden mit Automatikgetriebe bekannt. Mit der „entkoppelten“ Kupplungsbetätigung bietet der Zulieferer nun auch eine kostengünstige Variante für Schaltgetriebefahrzeuge. Denn auch hier muss man klar sehen: Im Bereich bis zur Kompaktklasse wird das Schaltgetriebe auf lange Sicht die kostengünstigste Getriebeversion bleiben.
Effizienz-Gewinn beim GTC
Von 114 Gramm CO2 auf 95 Gramm CO2 je Kilometer. Und damit von knapp 5 Liter Verbrauch auf knapp unter 4 Liter Verbrauch. Und das ohne konstruktive Veränderungen am Motor an sich. Von Euro 5 auf Euro 6c (bis jetzt nicht verabschiedeter Standard).
Der zum „GTC“ umgebaute Ford Focus Ecoboost demonstriert anschaulich, wie viel Potential im klassischen Automobil steckt und wie günstig man bestehende Fahrzeugkonzepte zu einem „Mild-Hybrid“ modifizieren kann. Das 48 Volt-System des GTC verfügt über einen 48/12 Volt-Wandler und damit ist die 48 Volt-Batterie des Riemengenerators für die Energieversorgung des gesamten Fahrzeuges zuständig. Wichtig ist dies für die Gewichtsbilanz des GTC. Durch Wegfall des Anlassers und der Lichtmaschine, fällt auch der Riemengenerator nicht zusätzlich ins Gewicht.
Und die Kosten?
Natürlich nennt die beiden beteiligten Zulieferer keine Preise. Das System soll ja auch nicht im Aftermarket an den Kunden verkauft werden, sondern über die Automobil-Hersteller direkt in die Produkt-Palette integriert werden. Die Einsparungen sollen den Aufpreis des gesamten Paketes jedoch binnen drei Jahre amortisieren, rechnet man das über die durchschnittliche Jahresfahrleistung und den avisierten Verbrauch um, dann kommt man auf einen Systempreis von rund 800 €.
19 Gramm CO2 je Kilometer einsparen, zum Aufpreis eines Glasschiebedaches? Klingt sinnvoll, oder?