Die Mittelklasse wird in Deutschland eindeutig von den sogenannten Premium-Marken bestimmt. Der neue BMW 3er will jetzt im ewigen Duell mit der Mercedes C-Klasse und dem Audi A4 wieder vorlegen. Haben die Bayern die wenigen Schwächen der Vorgänger-Generation ausgemerzt?
SP-X/Köln. Wenn BMW eine neue Limousinen-Generation auf den Markt bringt, sind die Erwartungen immer besonders hoch; ganz gleich, ob es um den 7er, den 5er oder den 3er handelt. Letzterer ist in seiner inzwischen siebten Generation seit März in Deutschland auf dem Markt. Wir fuhren die Variante 330i mit einem leistungsstarken Turbobenziner.
Kommen wir zunächst zur Optik: Nicht jedem fällt bei einem Blick auf den 3er gleich auf, dass es sich um ein völlig neues Fahrzeug handelt. Zwar ist die BMW-Mittelklasse in Länge und Breite gewachsen, aber die typischen Insignien der Marke blieben natürlich erhalten. Im direkten Vergleich mit dem Vorgänger bemerkt der aufmerksame Betrachter aber das insgesamt modernere Design mit schärferer Linienführung und sorgfältigerer Karosseriearbeit.
Die fällt aber mehr noch im Innenraum auf, wurde doch bislang neben dem Platzangebot vor allem Liebe zum Detail und an der einen oder anderen Stelle eine angemessene Materialqualität vermisst. Das hat sich erwartungsgemäß nun deutlich geändert. Kunststoffe und sonstige Materialien wirken hochwertiger und sehr gut verarbeitet. Besonderen Spaß hat uns übrigens das vergrößere, gestochen scharfe Head-up-Display gemacht, eine Option, die man unbedingt wählen sollte. Zudem hat sich BMW von der Maxime „sportlich = eng“ verabschiedet und bietet endlich den für eine (teure) Mittelklasse-Limousine angemessenen Platz. Übrigens und gerade auch hinten. Lediglich der Ein- und noch mehr der Ausstieg aus dem Fond könnten sich gerade für nicht mehr ganz junge Menschen aufgrund der abfallenden Dachlinie als beschwerlich erweisen. Lobenswert dagegen der mit 480 Litern recht große Kofferraum und mehr noch die serienmäßig dreiteilig klappbare Rücksitzlehne.
Dem Käufer eines 3er wird dies alles gefallen, aber mehr noch wird er Wert auf Antriebspower, Agilität und Handlichkeit seines Fahrzeugs legen. In dieser Hinsicht darf auch der Fan beruhigt sein. Mit dem 190 kW/258 PS leistenden 2,0-Liter-Turbobenziner an Bord, ist man absolut souverän motorisiert. Der Motor reagiert bissig bei praktisch jeder Drehzahl, ist aber gleichzeitig kultiviert und stellt immer mehr als genug, insgesamt bis zu 400 Newtonmeter Drehmoment bereit. Die Fahrleistungen unterstreichen dies: Mit 5,8 Sekunden für den Standardspurt und abgeregelten 250 km/h Spitze spielt der 330i in einer Liga, die früher höchstens einem M3 vorbehalten waren. Wer sich in unserem Testwagen das M-Paket für 5.100 Euro gönnt, hat dann unter anderem auch optisch einen kleinen M3 in seinen Händen. Die kann er im übrigens stets am Lenkrad lassen, denn die serienmäßige Achtgang-Automatik verrichtet die Schaltarbeit meist besser, als wir es im Alltag je könnten.
Das Handling des mit 4,71 Meter ja nicht gerade kleinen und mit knapp 1,6 Tonnen auch nicht übermäßig leichten, natürlich stets über die Hinterräder angetriebenen Fahrzeugs ist schlichtweg überragend und noch besser als beim Vorgänger. Da passt jede Kurve, nach denen sich der 3er geradezu zu sehnen scheint. Hinzu kommen kräftige, gut dosierbare Bremsen. Kritik könnte man an der allzu direkten und daher etwas nervös wirkenden Lenkung üben. Außerdem ist der 3er zumindest in dieser Variante ziemlich straff abgestimmt, was etwa im Vergleich zu einer C-Klasse den Komfort vor allem beim Langsamfahren mindert.
BMW gibt für den 330i einen Normverbrauch von 5,8 Liter (134 g CO2/km) an. Das wäre angesichts der gebotenen Leistung natürlich ein Spitzenwert. Erreichbar dürfte er, wenn überhaupt, nur bei äußerster Zurückhaltung sein. Wir kamen über 14 Tage auf einen Testwert von 8,4 Litern pro 100 Kilometer, was natürlich deutlich mehr ist als versprochen, andererseits angesichts einer etwas forcierteren Fahrweise gerade noch in Ordnung geht. Wer es nicht übertreibt und seinen 3er im Alltag mit aller gebotenen Vorsicht bewegt, wird wohl in der Praxis mit 6,5 bis 7 Litern hinkommen.
Bleibt zum Schluss der wie immer bei deutschen Premium-Herstellern etwas unerfreuliche Blick auf den Preis: 44.750 Euro ruft BMW für den 330i auf. Und auch wenn die Ausstattung unter anderem mit Automatik-Getriebe, LED-Scheinwerfern, Verkehrszeichenerkennung oder Spurhalteassistent nicht gerade karg ist, gibt es natürlich in der Aufpreisliste noch viel anzukreuzen – 60.000 Euro sind dann schnell erreicht.
Auf der anderen Seite ist der neue BMW 3er aber auch ein in seiner Klasse vorbildliches Auto und – Kunststück, er ist ja schließlich das neueste Produkt – derzeit erwartungsgemäß eine Motorhaubenlänge moderner als die süddeutsche Konkurrenz. Wie im Fußball gilt also auch hier das Fazit: Die Meisterschaft (in diesem Fall der Mittelklasse) geht nach München.