Test: Mercedes GLB 220d

Der Mercedes GLB ist kaum kürzer als ein GLC und hat sogar mehr Platz innen. So gesehen ist er die Wahl der Vernunft im Mercedes SUV-Angebot. Auf eines sollte man aber verzichten.

Mit dem neuen GLB hat Mercedes sein SUV-Angebot weiter gesplittet. Zwischen CLA und GLC angesiedelt, sehen die Marketing-Experten durchaus noch Chancen für ein weiteres Modell. Mit mehr Platz als im CLA und günstigeren Preisen als beim GLC will es Wechselwillige locken und bietet mit bis zu sieben Sitzen auch die Möglichkeit, abseits von V-Klasse oder Vito ein Familienfahrzeug mit Stern zu bewegen.

Definitiv ein Blickfang

Verstecken braucht sich der Neue schon einmal nicht. Der Auftritt unseres Testwagens, einem GLB 220d 4Matic, ist imposant. Das liegt zum einen am Ausstattungspaket „AMG Line“ (Aufpreis: rund 3.400 Euro), das das Fahrzeug mit typischen AMG-Design-Attributen vorfahren lässt. Hier glitzert und blinkt es dank Chrombesatz an der Front und am Heck, 19-Zöller sowie zwei Endrohrblenden sorgen ebenfalls für Aufmerksamkeit. Wer mit weniger Bling-Bling zufrieden ist, erhält auch normale Mercedes-Designs mit unter anderem zwei Einzellamellen auf dem Kühlergrill. Zum anderen haben die Designer dem GLB ein schickes und auch kantiges Blechkleid mit kurzen Überhängen sowie mit optischen Anleihen von GLS und G-Klasse geschneidert.

Raumwunder

Technisch basiert der 4,63 Meter lange GLB auf derselben Plattform wie etwa die A-Klasse, der CLA oder auch die B-Klasse. Allerdings kratzt er längentechnisch schon an größeren GLC, der mit 4,66 Metern nur drei Zentimeter länger ist, und profitiert dabei vom quer eingebauten Motor, was die Platzverhältnisse angeht. Unser Testwagen war mit fünf Sitzen ausgestattet, alternativ bietet Mercedes auch zwei weitere, im Fahrzeugboden versenkbare Sitze an (Aufpreis: rund 1.300 Euro). Ob auf der Rückbank zwei oder drei Personen mitfahren, hängt vom Body-Mass-Index der Passagiere ab. Dieser dürfte auch zur Entscheidung beitragen, ob man die Sportsitze, die Teil der AMG-Line-Ausstattung sind, goutiert oder eher beengend findet.
Dank einer Höhe von 1,70 Metern ist selbst bei lang gewachsenen Insassen reichlich Luft zwischen Haupthaar und Dach. Praktisch ist die verschiebbare Rückbank (Aufpreis: 430 Euro), sie lässt sich in Längsrichtung um 14 Zentimeter zugunsten von mehr Beinfreiheit oder Gepäckvolumen verschieben. Bei umgelegten Rücksitzlehnen weist das Kofferraumvolumen bis zu 1.805 Liter aus, in der Standardstellung sind es 570 Liter. Großeinkäufe lassen sich so spielend verstauen; hat man noch den klappbaren Beifahrersitz geordert, kann man getrost zum Mitnahme-Möbelgeschäft seines Vertrauens fahren.

 

Powerpaket

Für den Vortrieb sorgte der Zweiliter-Vierzylinder-Diesel mit 140 kW/190 PS (220d). Er ist der stärkste Selbstzünder im GLB-Angebot. Zusammen mit Allrad ruft Mercedes mindestens 44.200 Euro für diese Motor-Antriebs-Kombination auf. Kraft steht mit 400 Nm reichlich zur Verfügung, so dass das Triebwerk zum gemütlichen Fahren animiert. Die Achtgang-Automatik arbeitet unauffällig im Hintergrund. Dem 1,8 Tonnen schweren GLB kann man aber auch die Sporen geben. Theoretisch gelingt der Standardspurt in 7,6 Sekunden, Topspeed ist bei 217 km/h erreicht. Allerdings hält sich der Motor unter Volllast nicht gerade akustisch zurück. Wir bewegten das Fahrzeug überwiegend vernünftig mit Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn und ohne Hatz auf Landstraßen. Im Schnitt flossen 6 Liter durch die Leitungen, knapp einen Liter mehr als die Norm vorgibt. Wer heiter gelassen unterwegs ist, kommt vermutlich auch mit dem 110 kW/150 Diesel (200d) zurecht. Er wird auch mit 4×4-Antrieb angeboten und ist rund 3.000 Euro günstiger als der 220d.

Sensibel Naturen werden beim GLB die Möglichkeit vermissen, mittels Luftfederung den Fahrwerkskomfort zu verbessern. Schließlich gab unser Testfahrzeug wohl auch dank der 19 Zöller und dem AMG-Paket Bodenunebenheiten ziemlich ungefiltert an die Insassen weiter. Eine Luftfederung gibt es aber nur für den GLC, ein wenig Abstand soll es ja doch noch geben.

Für Extras muss man etwas tiefer in die Tasche greifen

Die vielen Verweise auf aufpreispflichtige Optionen zeigen, auch der GLB ist ein vollwertiges Mitglied der Mercedes-Familie. Je nach Bereitschaft der Kunden in Extras zu investieren, sind auch Navi, LED-Scheinwerfer, Matrix-Licht, Sportlenkrad, Lenkradheizung, Head-up-Display, Leder oder ein großes Assistentenpaket an Bord. Schnell sind 20.000 Euro und mehr für Extras ausgegeben. Allein das aufgerüstete MBUX-System schlägt mit rund 3.500 Euro zu Buche. Dann besteht die Kommando-Zentrale auch aus zwei 10,25 Zoll großen Displays. Das Fahrerdisplay ist frei konfigurierbar, der rechte Bildschirm ist unter anderem für Unterhaltung und Navigation zuständig. Wer aber nicht die leicht fummeligen Bedienschalter am Lenkrad nutzen will, nutzt die Sprachsteuerung und redet mit der Dame im System. Sie wird auf den Zuruf „Hey, Mercedes“ aktiv. Wünsche nach Zieleingabe, Temperatureinstellung oder Radiosender-Wahl erfüllt sie aber nicht immer sofort und ohne Nachfragen. Man sollte mit der Dame immer akzentuiert reden, Nuscheln ist nicht förderlich bei der Kommunikation. Dann hört man „Wie bitte?“ Die Sprecherziehung ist zumindest im Preis inbegriffen.

Technische Daten

Fünftüriges, fünf- oder siebensitziges SUV; Länge: 4,63 Meter, Breite: 1,83 Meter (Breite mit Außenspiegeln: 2,02 Meter), Höhe: 1,70 Meter, Radstand: 2,83 Meter, Kofferraumvolumen: 570 – 1.805 Liter

GLB 220d 4Matic: 2,0-Liter-Diesel; 140 kW/190 PS, maximales Drehmoment: 400 Nm bei 1.600 – 2.600 U/min, Allradantrieb, Achtgang-DSG, 0-100 km/h: 7,6 s, Vmax: 217 km/h, Normverbrauch: 5,1 – 5,6 Liter/100 Kilometer, CO2-Ausstoß: 135 – 142 g/km, Abgasnorm: Euro 6d, Effizienzklasse: A, Testverbrauch: 6 Liter/100 Kilometer
Preis: ab 44.219 Euro

Kurzcharakteristik

Warum sieht aus wie ein SUV, viel Platz
Warum nicht eigentlich reicht eine B-Klasse
Was sonst VW Tiguan Allspace, Skoda Kodiaq, Mercedes B-Klasse oder doch einen GLC