Test: MG ZS EV

Ein chinesisches SUV einer englischen Traditionsmarke, das wirkt wie ein deutsches Auto: Der elektrische angetriebene MG ZS EV ist ein durch und durch globalisiertes Fahrzeug. Und wirkt trotzdem beruhigend vertraut.  

Hätte VW seine Elektro-Offensive nicht erst 2020 gestartet, sondern schon vor zehn Jahren, dann hätten die Wolfsburger wohl ein Auto wie den MG ZS EV gebaut. Das ist zugleich Kompliment und Kritik an dem Kompakt-SUV, mit dem die China-Marke im kommenden Jahr seine Europa-Offensive startet.

Test: MG ZS EV
Test: MG ZS EV

Test: MG ZS EV – Deutsches Design

Dass einem direkt der Weltmarktführer aus Wolfsburg in den Kopf kommt, wenn man sich dem MG ZS näher, hat Gründe. So gehört das Kompakt-SUV trotz des traditionsreichen englischen Logos zum Portfolio des chinesischen SAIC-Konzerns, der in seiner Heimat gemeinsam mit dem Volkswagen-Konzern lokal angepasste Varianten von VW- und Skoda-Modellen baut – lange Zeit auch den legendären VW Santana, mit dem die Massenmobilisierung in China in den 80er-Jahren Fahrt aufnahm.

Die lange deutsch-chinesische Kooperation hat auch bei MG Spuren hinterlassen: Schon von außen wirkt der bereits seit 2017 gebaute ZS wie ein leicht gestauchter Cousin des ersten VW Tiguan. Geradezu augenfällig werden die optischen Gemeinsamkeiten im Innenraum: Lenkrad, Türverkleidungen, Knöpfe, Schalter und selbst einige der Lüftungsgitter hat man alle schon in Modellen aus dem VW-Konzern gesehen. Das kann man als Kopie verurteilen – oder sich an der familiären Atmosphäre, der guten Ergonomie und der simplen Bedienung erfreuen.

Test: MG ZS EV – Gute Verarbeitung

Bei Materialauswahl und Verarbeitung ist allerdings noch Luft nach oben. Kein Wunder, ist die Marke doch bewusst als Budget-Anbieter angesiedelt. Im direkten Vergleich mit einem VW ID.3 etwa muss sich der MG allerdings nicht schämen, wirkt zwar biederer, aber durchaus nicht billiger. Auch riecht hier nichts unangenehm, nichts ist schlecht verklebt oder unpassend montiert. Lediglich während der Fahrt knirscht und klappert es hier und da etwas mehr, als man es von norddeutschen Autos gewohnt ist. Die ersten chinesischen Modelle, die vor gut anderthalb Jahrzehnten den Deutschland-Start wagten, lässt der MG aber bei der Qualitätsanmutung um Längen hinter sich.

Erstaunlich schwach ist allerdings das Infotainmentsystem, das mit langsamem Prozessor, unsensiblem Touchscreen und umständlicher Bedienführung nervt. Immerhin bietet es eine relativ aktuelle Ladestations-Anzeige, was selbst bei etablierten westlichen Autoherstellern keine Selbstverständlichkeit ist. Das Platzangebot vorne ist gut, im Fond sitzen zwei Erwachsene recht bequem. Und auch der Kofferraum kann sich mit 448 Litern sehen lassen. Die Ladekabel passen dabei bequem unter den doppelten Boden.

Kälteempfindlich

Wer regelmäßig fährt, sollte den Kupferschlauch aber lieber in Griffweite behalten. Denn der geringe Radstand lässt nur Platz für ein 44,5 kWh großes Akku-Paket. Theoretisch soll der Energiegehalt für 263 Kilometer (WLTP) reichen, in der Praxis waren es bei einstelligen Herbsttemperaturen laut Bordcomputer nie mehr als 227. Die allerdings stimmten relativ exakt. Zumindest, solange man auf der Autobahn unterhalb der Richtgeschwindigkeit bleibt. Wer das Maximaltempo von 140 km/h ausreizt, muss schnell rechts raus und an den Schnelllader. Dort zieht sich der Chinese mit maximal 50 kW Gleichstrom, was nach 40 Minuten einen Füllstand von 80 Prozent gibt. Unterm Strich sind so rund 180 Kilometer Autobahnfahrt zwischen zwei Tankstopps möglich. Auf der Langstrecke ist der MG also nicht erste Wahl. Für den täglichen Stadtverkehr hingegen reicht die Akkukapazität locker aus, an Wallbox und AC-Ladesäule kommt das SUV auf eine Ladeleistung von maximal 7 kW. Das reicht gerade so, um die Batterie über Nacht voll zu mache. Etwas zu fummelig und umständlich stellt sich der Ladevorgang selbst dar: Das fängt mit der nicht unbedingt stabil wirkenden Klappe im Kühlergrill an, geht bei den widerspenstigen Gummiverschlüssen der Stromanschlüsse weiter und hört bei der fehlenden Echtzeit-Ladestands-Anzeige im Cockpit nicht auf.

Beim Fahren zeigt sich das Kompakt-SUV ausgewogen und unspektakulär. Das Fahrwerk ist in Richtung Komfort ausgelegt, die leichtgängige und etwas synthetische Lenkung sowie die überschaubare Motorleistung sorgen für ein eher entspannten Fahrcharakter. Da stört dann auch die leicht erhabene und an einen Kutschbock erinnernde Sitzposition nicht, bei der keine rechte Verbindung zum Fahrzeug aufkommen will. Der Innenraum ist eher durchschnittlich gedämmt, was außer bei schnellen Autobahnetappen aber kaum auffällt. Eher schon, dass der übliche E-Auto-Boost beim ZV etwas mau ausfällt – 105 kW/143 PS haben selbst in ihrer elektrisch erzeugten Form mit einem Auto dieser Größe kein leichtes Spiel.

Test: MG ZS EV Gute Grundausstattung

Was alle erwähnten Kritikpunkte jedoch schwächt ist der Preis des MG, der bei knapp 32.000 Euro starten wird, wenn das Modell Anfang 2021 in Deutschland zu kaufen ist. Nach Abzug der Umweltprämie bleiben rund 23.000 Euro übrig. Dafür bekommt der Kunde eine gute Ausstattung mit Touchscreen-Navi, 16-Zoll-Alufelgen Tempomat, Totwinkelwarner und Dachreling. Für rund 2.000 Euro mehr ist die Vollausstattung an Bord, die zusätzlich beispielsweise Kunstledersitze, Panoramaglasdach und Rückfahrkamera umfasst. Dazu gibt es eine fünfjährige Garantie (150.000 Kilometer) für das Auto. Batterie und Antriebsstrang sind die branchenüblichen 8 Jahre (150.000 Kilometer) abgesichert.

Ambiente und Ladetechnik stammen beim MG nicht aus dem obersten Regal. Verglichen mit vielen neuen E-Autos der in Europa etablierten Marken wirkt der ZS tatsächlich nicht mehr ganz taufrisch (was er ja mit drei Jahren Bauzeit auf dem Buckel auch nicht mehr ist). Im Gegenzug wirkt das Auto solide und ausgereift. Aber vor allem ist es günstig. Wer also keine Scheu vor exotischen Marken hat und ein günstiges, aber geräumiges Elektroauto will, kann einen Blick riskieren.

Technische Daten

Fünftüriges, fünfsitziges SUV der Kompaktklasse, Länge: 4,31 Meter, Breite: 1,81 Meter (mit Außenspiegeln: k.A.), Höhe: 1,64 Meter, Radstand: 2,58 Meter, Kofferraumvolumen: 448 Liter.

Antrieb

PMS-E-Motor: 105 kW/143 PS, maximales Drehmoment: 353 Nm, 0-100 km/h: 8,2 s, Vmax: 140 km/h (abgeregelt), Durchschnittsverbrauch: 13,8 kWh/100 km, CO2-Ausstoß: 0 g/km, Batteriekapazität: 44,5 kWh, Reichweite 263 km(WLTP), 335 km (NEFZ), Laden: Wallbox (7 kW) ca. 7,5 h, Schnellladen (50 kW) 40 min (80 Prozent), Testverbrauch: 19,6 kWh/100 km, Preis: ca. 32.000 Euro

Kurzcharakteristik

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