CES 2017: Künstliche Intelligenz – Du verstehst das nicht!

Damit Autos sich auch nur ansatzweise autonom fortbewegen können, brauchen sie vor allem eins: Intelligenz. All’ die Sensoren, Kameras und Radars, die man am Auto anbringen kann, sammeln zwar am laufenden Band große Mengen an Daten, doch nützen die am Ende nichts, wenn der Verstand fehlt, um sie zu arbeiten. Relativ gut sind Computer inzwischen im Bereich „Machine Learning“: Der Rechner lernt aus der Vergangenheit und überträgt die Erkenntnis auf die Zukunft.

Beispiele des maschinellen Lernens begegnen uns jeden Tag: Wer bei Google zum Beispiel nach ACAD sucht, bekommt gleich die Meldung: „Meinten Sie ADAC?“. Allerdings ist der Computer nicht schlau genug, das Wort als falschgeschrieben zu erkennen und zu korrigieren. Er weiß lediglich, dass in der Vergangenheit viele Menschen, die nach ACAD gesucht haben, nur Sekunden später eine neue Suchabfrage nach ADAC gestartet haben. Dieses Muster merkt sich die Maschine und überträgt es auf neue Suchanfragen.

Wirklich intelligent wäre das System erst, wenn es ein Wort auch ohne diesen vorherigen Lernprozess als falsch identifizieren und die richtige Schreibweise vorschlagen könnte. Genau das aber ist das Problem der künstlichen Intelligenz: die Sprache. Während die Technik zum Beispiel auf Bildern mittlerweile unzählige Objekte – Autos, Häuser, Fußgänger, Radler und mehr – oftmals sogar schneller und besser als der Mensch erkennen und bestimmen kann, tut sie sich häufig schon mit den simpelsten Worten und Sätzen schwer. Man denke nur an die oft mehr schlechten als rechten Übersetzungsversuchen diverser Translator-Programme.

Und während der Mensch als intelligentes Wesen oft auch aus kruden Übersetzungen noch den Sinn erkennen kann, würde der Computer auch hier gnadenlos scheitern. Das wäre nicht so schlimm, wäre die Sprache nicht der einzige direkte Weg aus und in unser Gehirn. Das gesamte menschliche Denken und damit unsere Intelligenz basiert auf der Sprache – das hat schon Platon erkannt, der formulierte: „Denken ist das innere Gespräch der Seele mit sich selbst“. Doch solange der Computer nicht genauso gut „spricht“, wie wir Menschen, wird er auch nicht vergleichbar denken und handeln können – wie schwer das ist, merkt jeder selbst, der versucht, in einer erlernten Fremdsprachen zu denken.

Immer mehr Funktionen werden von der Technik autonom übernommen

Dieser Zusammenhang hat der Forschung zur künstlichen Intelligenz (KI) schon in den 90er Jahren einen großen Dämpfer beschert. Während die Entwicklung des maschinellen Lernens kontinuierlich voranschreitet und Erfolge einfährt, hangeln sich die KI-ler von Hoch zu Tief und bleiben immer wieder am Problem Sprache hängen. Einen ähnlichen Einbruch wie damals erwarten Experten auch jetzt wieder. Nachdem die Forschung in den vergangenen zehn Jahren an Fahrt aufgenommen hat, und Google mit seinem Computer AlphaGo einen neuen Meilenstein gesetzt hat, stehen neueste Sprachroboter wieder vor der bekannten Hürde.

Welche Auswirkung das Nicht-Verstehen hat, wird deutlich, wenn Computer-Programme zum Beispiel versuchen, anhand der Facebook-Aktivitäten eines Nutzers Aussagen über dessen Charakter zu treffen – diese liegen oft meilenweit daneben. Noch schlimmer wird es, wenn das Programm schließlich basierend auf diesen Annahmen Werbung vorschlägt: Nicht selten bekommt jeder Senior ab einem gewissen Alter dann die extragroße Uhr mit ausgeschriebenem Wochentag für Demenz-Patienten angeboten.

Das maschinelle Lernen mag im direkten Vergleich zur künstlichen Intelligenz zwar etwas naiv wirken – solche Fehler passieren dabei aber kaum. Bezogen auf das Auto bedeutet das, dass zukünftig immer mehr Funktionen an die Technik abgegeben werden können. Geradeausfahrten auf dem Highway oder Einparkvorgänge beispielsweise werden wir über kurz oder lang nicht mehr selbst erledigen müssen. Hier kann der Computer gelerntes Wissen anwenden und übertragen. Sobald der Wagen aber alleine durch die Stadt cruisen soll und mit einer Vielzahl unvorhersehbarer Ereignissen konfrontiert wird, wird er noch lange Zeit scheitern: am fehlenden Verstand. (Michael Gebhardt/SP-X)

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