Die VW-Sportschau

Eine alte Fussballerweisheit sagt, „Der Pokal hat seine eigenen Gesetze“. Manchmal trifft dies auch auf den Automarkt zu. Als Volkswagen 2008 dem legendären Haussportler „Scirocco“ zu neuem Leben verhalf, hoffte man auf einen ähnlichen Erfolg wie es das Urmodell binnen 18 Jahren von 1974 bis 1992 eingefahren hatte. Damals wurden von dem sportlichen VW Coupé in zwei Generationen 795.734 Stück produziert. Ein Welterfolg.

Heute denkt die Automobilindustrie in anderen Zahlen. Vom aktuellen Scirocco wurden bis Ende 2013 im portugiesischen Palmela zwar über 200.000 Einheiten gefertigt, in heutigen VW Dimensionen ist das allerdings eher ein Nischenprodukt. Auf unseren Straßen ist der Scirocco auch eher in der Außenseiterrolle, trotz guter und stabiler Anleihen. Im Ausland ist er beliebt, gut die Hälfte der produzierten Fahrzeuge fährt auf Chinas Straßen und in England.

Eine ähnliche Außenseiterrolle im Fußball-Kosmos fristete in den letzten Jahren der VFL Wolfsburg. Oft als unemotionale Werkstruppe verschrien, die nie wirklich schlecht ist, aber auch nicht den ernsthaften Sprung nach vorne schafft. Der Meistertitel vor einigen Jahren setzte ein überraschendes Ausrufezeichen.

An diesem Wochenende soll das anders werden. Nachdem in der Liga souverän der Vize-Meistertitel herausgespielt wurde, steht man nun in Berlin im Endspiel des DFB-Pokals. Der Gegner ist Dauergast im Finale der letzten Jahre, Borussia Dortmund. Dazu wird es das letzte Spiel von Trainer Jürgen Klopp beim BVB sein. Auf der anderen Seite möchte VFL Trainer Dieter Hecking den ersten großen Erfolg für die gute Arbeit der letzten Zeit einfahren und den Pott in die Autostadt holen. Für einen emotionalen Abend waren also alle Zutaten angerührt.

So verhält es sich auch bei unserem Testwagen, mit dem wir nach Berlin anreisen.

„Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin.“

Diesen Schlachtruf nehmen wir wörtlich und reisen im potentesten VW Sportler an, dem Scirocco R.

Im Spätsommer des letzten Jahres wurde er nach sechs Jahren leicht überarbeitet oder, wie Sportler sagen würden, er bekam eine Frischzellenkur. Der Scirocco R verfügt nun über eine Leistung von 280 PS und hat damit 15 PS mehr als sein Vorgänger. Er erledigt den Spurt auf 100 km/h mit dem Doppelkupplungsgetriebe DSG in nur 5,5 Sekunden – sehr sportliche 0,3 Sekunden schneller als bisher. Wir fahren das Modell mit dem knackig schaltenden Sechs-Gang-Getriebe, welches die 350 Nm ausschließlich an die Vorderräder transportiert. Hier wird die Leistung trotz des fehlenden Allradantriebs, der im Schwestermodell Golf R serienmäßig ist, perfekt in Vortrieb umgesetzt. Als würde Kevin De Bruyne zum Spurt in Richtung gegnerisches Tor ansetzen.

Wirkt der normale Scirocco mit seiner geringen Fahrzeughöhe von nur 1,40 Meter und den niedrigen Seitenscheiben schon sehr progressiv sportlich, prägen den R eine eigenständige Front- und Heckpartie mit Elementen aus dem Motorsport sowie die neuen 18-Zoll-Leichtmetallfelgen „Cadiz”.  Optional pressen sich sogar 19-Zoll Alufelgen in die Radhäuser. Drei große, schwarz glänzende Lufteinlässe vorn, Schwellerverbreiterungen im R-Styling, verchromte Abgasendrohre und ein großer Dachkantenspoiler sind weitere äußere Merkmale des Spitzensportlers im Scirocco Programm. Zum Interieur gehören die gesonderten Sitzbezüge „Race” mit R-Logo, in denen wir bei flotter Kurvenfahrt ausreichend gut in Position gehalten werden. Auf den 600 Kilometern von der Redaktion bis zum traditionellen Olympiastadion in Berlin bieten sie aber auch entsprechenden Langstreckenkomfort.

Zumindest, wenn man bei dem optionalen elektronisch verstellbaren Fahrwerk den Schalter von „Sport“ auf „Comfort“ stellt. Trotz der um 15 mm abgesenkten Karosse, der strafferen Fahrwerksabstimmung und den großen Felgen werden nicht alle Stöße an die Insassen übermittelt. Ein gelungener Kompromiss zum perfekt abgestimmten Handling, welches mit dem griffigen Lederlenkrad zu leichten Dribblings um die anderen Fahrzeuge verführt.

Damit es uns im Interieur nicht zu komfortabel wird, sorgen Dekoreinlagen in „Carbon Race”, drei Zusatzinstrumente in der Mitte des Cockpits und Pedale in Edelstahl für Rennatmosphäre. Nach außen dokumentiert das auch der tolle dunkle Sport-Sound aus den beiden Endrohren. Innen wird er auf der Autobahn ab 4.000 Touren prägnant und für Freunde sportlicher kleiner Coupés sicher eine Freude sein.

Wer es eher mit Sound aus der Musikanlage hat, wird sich beim überarbeiteten Scirocco über das 400-Watt-Soundsystem Excite des Exklusivpartners Dynaudio freuen. Die dänischen Premium Lautsprecherexperten verbauen einen digitalen 10-Kanal-Verstärker. Dieser verteilt die Songs der mitgebrachten Fan-CD auf acht verzerrungsarme Dynaudio Lautsprecher und einen mächtigen Subwoofer. Ein Klangerlebnis, als sei man plötzlich direkt in die Fußballarena versetzt.

Dort steht mittlerweile die Arena Kopf, als Bas Dost in der 38. Minute zum 3:1 für die Wölfe einnetzt. Bis zum Schlusspfiff soll sich an diesem Spielstand nichts mehr ändern, was zum ersten Pokalerfolg der in grün-weiß aufspielenden Wolfsburger führt. Ohne signifikante Höhen, aber vor allem ohne große Schwächen, hat der VFL Wolfsburg sich diesen historischen Erfolg verdient. Das gleiche wünschen wir dem neuen VW Scirocco, der über die identischen Attribute verfügt.

Text: Bernd Schweickard © Foto: Bernd Schweickard
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