Test: VW Golf-Infotainment

Der VW Golf zeigte zuletzt ungewohnte Schwächen im Detail. Viele sind nun behoben.  

Traditionell wird der VW Golf für seine nüchterne Perfektion gelobt. Und das seit Jahrzehnten in den meisten Fällen vollkommen zurecht. Dass der Wolfsburger Kompaktwagen beim Debüt der achten Auflage plötzlich ungewohnte Schwächen zeigte, verwunderte daher viele Kunden. Umso mehr, als dass sie vor allem das Infotainmentsystem betrafen, das der Hersteller im Vorfeld als besonders fortschrittlich beworben hatte. Seit kurzem liefert VW nun eine überarbeitete und verbesserte Version aus. Die kann im Test überzeugen – mit leichten Einschränkungen.  

Eigenentwicklung der Technik

Der achte Golf soll laut Hersteller der „digitalste Golf aller Zeiten“ sein. Das ist keine leere Werbe-Floskel der Norddeutschen, sondern weist auf den großen Hard- und Software-Aufwand hin, den VW bei der Entwicklung seines Dauerbestsellers getrieben hat. Anders als bei vielen Konkurrenten wurde die Technik nicht irgendwo eingekauft und angepasst, sondern zu großen Teilen selbst entwickelt. VW hat sich auch aus strategischen Gründen für diesen Weg entschieden, gilt doch eine gute Software und ein angenehmes Nutzererlebnis als eine der künftig wichtigsten Merkmale, um sich von der Konkurrenz abzuheben und neue Geschäftsfelder zu entwickeln, etwa den einträglichen Verkauf von Extras und Zubehör zum Download.  

VW rüstet daher seit geraumer Zeit seine IT-Abteilung hoch, stellt Programmierer ein und schafft neue Geschäftsfelder. Dass der Anpassungsprozess noch nicht abgeschlossen ist, war der Öffentlichkeit spätestens beim Debüt des 8er-Golf klar. Dessen Infotainmentsystem war langsam, instabil und nervig in der Bedienung – kurz: so schlecht, wie man es bis dato bei einem VW-Produkt nicht kannte. Ende 2021, knapp zwei Jahre nach der Premiere haben die Wolfsburger nun die größten Schwächen behoben.

Infotainment ab der ersten Sekunde im Sitz

Das Ertüchtigungsprogramm ist zweiteilig: Alle neuen und bereits ausgelieferten Golf 8 haben per Update eine neue Version der Infotainment-Software erhalten, die die Performance des Systems verbessert und Bedienprobleme behebt. Neu gebaute Fahrzeuge wie auch das hier getestete Auto bekommen darüber hinaus neue Hardware in Form eines verbesserten Zentralrechners und leistungsfähigerer Grafik-Chips.  

Test: VW-Golf-Infotainment
Der achte Golf soll laut Hersteller der „digitalste Golf aller Zeiten“ sein.

Die schnellere Technik macht sich sofort beim Einsteigen bemerkbar, denn das Infotainmentsystem steht nahezu sofort und ohne Boot- und Ladezeiten zur Verfügung. Und auch das Scrollen durch die Menüs und das Umblättern der Bildschirmseiten läuft ziemlich flüssig. Ein leichtes Hakeln ist allenfalls beim Zoomen innerhalb der Navigationskarte zu bemerken. Auch die Stabilität bei der Konnektivität stimmt: Während des zweiwöchigen Tests kam es zu keinem Verbindungsabbruch, das Handy wurde beim Einsteigen sicher und schnell erkannt. Auch in diesen Punkten gab es nach dem Debüt viel Kritik von Seiten der Kundschaft.  

Bessere Kommunikation mit dem VW Golf

Schwachpunkt war bislang außerdem die Bedienbarkeit. Auch hier hat VW nachgebessert. Vor allem in Sachen Sprachbedienung: Die wirkt nun verständig und vor allem nicht mehr so unflexibel; Ansagen des Computers lassen sich nun auch vom Fahrer unterbrechen, was den Arbeitsfluss deutlich verbessert. Auch das Navi wird menschlicher und beharrt bei der Programmierung per Sprache nicht mehr auf einer festen Reihenfolge der Adressbestandteile. Keine wesentlichen Änderungen gab es hingegen bei der Menüstruktur. Die bietet zwar immer noch gute Ideen wie die Klimaanlagen-Taste gegen kalte Füße, leidet aber immer noch unter einer im Detail umständlichen Bedienung. Ein Beispiel ist der Home-Button, der sich zumindest bei einigen gängigen Sitzpositionen im toten Winkel hinter dem Lenkrad befindet.  

Sensoren für präzisere Eingaben

Ein anderes Ergonomie-Problem ist allerdings behoben. Bislang kam es vor, dass man beim Bedienen des Touchscreens versehentlich mit dem direkt darunter liegenden berührungsempfindlichen Lautstärke-Slider kam. Dieser wird nun automatisch deaktiviert, wenn die Näherungssensoren die Hand in der Nähe des Touchscreens erkennen. Das funktioniert fein genug, um die gewünschte Bedienung des Sliders nicht zu stören. Beleuchtet ist die Fläche ebenso wie zahlreiche andere Bedieneinheiten allerdings nicht. Nachts wird die Nutzung daher zum Blinde-Kuh-Spiel. Abhilfe dürfte frühestens das anstehende Facelifting der Baureihe schaffen.  

Unterm Strich hat das Infotainmentsystem durch die Updates bei Soft- und Hardware deutlich gewonnen. Bis auf ein paar lässliche Sünden gibt es nun wenig an der Funktionalität auszusetzen, die Stabilität stimmt ebenfalls. An die Spitze des Wettbewerbs setzt sich VW aber immer noch nicht, zumindest wenn man die Bediensysteme der Premiumhersteller zum Vergleich heranzieht. 

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