VW I.D. Buzz – Zurück in die Zukunft

Die Detroit Motor Show, erste Messe des jungen Jahres, wird von einem Überangebot an dicken SUV, Pickups und kraftstrotzenden Sportwagen dominiert. Doch ein futuristisches Unikum für acht Insassen, mit reinem Elektroantrieb, ohne richtiges Armaturenbrett und mit einem Spitzentempo von gerademal 160 km/h hat das Zeug zum Messehit. Der VW I.D. Buzz soll die nostalgischen Gefühle der inzwischen ergrauten Vertreter der Flower-Power-Generation erwärmen und gleichzeitig die Trendsetter unter den heutigen Autokäufern überzeugen.

Der immerhin 4,92 Meter lange Kleinbus mit dem üppigen Radstand von 3,30 Metern ist das zweite Mitglied der Familie, mit der VW ab 2020 im Elektro-Zeitalter ankommen will. Zuerst wird die Steilheck-Limousine an den Start gehen, danach folgt ein noch unbekannter SUV. Dann aber schon könnte sich der jetzt enthüllte Bus einreihen. „Wir machen die Elektromobilität zum neuen Markenzeichen von VW“, kündigt VW-Chef Herbert Diess an.

Der immerhin 4,92 Meter lange Kleinbus mit dem üppigen Radstand von 3,30 Metern ist das zweite Mitglied der Familie, mit der VW ab 2020 im Elektro-Zeitalter ankommen will

Vieles am I.D. Buzz erinnert an die Ikone der 60er-Jahre. Die technisch jetzt unnötigen Luftschlitze an der letzten Dachsäule, die leicht gewölbte Front ohne Motorhaube oder auch die umlaufende Linie, die am Bug ein übergroßes VW-Logo in die Mitte nimmt. In Summe kommt der Neue trotz der deutlichen Anleihen beim Urgroßvater betont futuristisch daher. Das Zusammenspiel zwischen Morgen und Vorgestern ist den Designern um Klaus Bischoff perfekt gelungen. „Dabei haben wir kein Retro-Design auf 22-Zoll-Räder gestellt, sondern das mit Sicherheit erfolgreichste Van-Design der Welt logisch weiterentwickelt.“

Das gilt in besonderem Maße für den Innenraum, für den Klaus Bischoff wohl das Motto „Lebensfreude durch Vielseitigkeit“ ausgab. Die je nach Version dreireihig angeordneten Sitze lassen sich drehen oder auf Gleitschienen verschieben, in der Mitte findet sich auf Wunsch ein ausklappbarer Tisch. Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, den I.D. Buzz in ein rollendes Schlafzimmer mit einer Liegewiese zu verwandeln. Diese Möglichkeit liebten schon die Fans des Veteranen auf den Open-Air-Festivals von Woodstock und anderswo.

Vieles am I.D. Buzz erinnert an die Ikone der 60er-Jahre

In Summe bietet der Innenraum eine Lounge-Atmosphäre, deren Ambiente bei Dunkelheit durch verschiedene Lichtinstallationen der jeweiligen Stimmung entsprechend werden gestaltet werden kann. Tagsüber passt dank eines Panoramadachs und großer seitlicher Fensterflächen der Lieblingsbegriff aus vielen Immobilienanzeigen – lichtdurchflutet. Der flache Boden besteht wie bei einer Yacht aus edlem Birkenholz. Die seitlichen verschiebbaren Sonnenblenden sind so weich gepolstert, dass Fondpassagiere sich auf langen Fahrten kuschelig an die Fenster lehnen können. Natürlich ist der VW der nahen Zukunft immer online und stets mit der Außenwelt vernetzt.

Weil bei einem Elektroauto nun mal viele Komponenten eines klassischen Fahrzeugs wegfallen, ist im Neuling noch mehr Platz als es die Außenmaße vermuten lassen. Bischoff rechnet vor: „Der I.D. Buzz steht auf der Grundfläche eines T 6, bietet innen aber die Dimensionen des gleichen Modells mit langem Radstand“. Alles kommt dabei den Insassen zu Gute. Oder auch einem künftigen Transporter für den Einsatz als Nutzfahrzeug.

Das Zusammenspiel zwischen Morgen und Vorgestern ist den Designern um Klaus Bischoff perfekt gelungen

Nutzer des künftigen Kult-Mobils müssen aber auch Verzicht üben. Das vertraute Cockpit ist Vergangenheit. Der I.D. Buzz kommt mit einem rechteckigen Touchscreen-Monitor im Zentrum vor den Frontsitzen aus, über den fast alles gesteuert werden kann. Er kann abgenommen werden, um zum Beispiel schon zu Hause die geplante Route zu programmieren oder sich die Lieblingsmusik aufzuspielen. Auch die gewohnten Instrumente fallen weg. Alle Informationen werden in die Windschutzscheibe projiziert. Für den Fahrer erscheinen die Zahlen von Tacho oder die Anweisungen des Navigationssystems aber so, als wären sie weit vor dem Auto auf die Straße gemalt.

Das Cockpit fällt futuritstisch aus

Weitere Bedienmöglichkeiten bietet zudem das Lenkrad, das allerdings elektrisch eingezogen werden kann, wenn der Mensch das Kommando der Elektronik übergibt. Denn der Detroit-Star ist bereits auf das selbstfahrende Auto technisch vorbereitet, auch wenn das erst ab 2025 in mehreren Stufen vorgesehen ist. Bei aller aufkommenden Nostalgie strotzt der I.D. Buzz also mit hochmoderner Zukunftstechnik. Beispiel Antrieb: Je ein 150-kW-starker Elektromotor an Vorder- und Hinterachse schraubt die Systemleistung auf stolze 275 kW/374 PS und macht diese Version zum Allradler. Die Verteilung der Kraft übernimmt eine elektrische Kardanwelle. So motorisiert spurtet der Bus ruckfrei in fünf Sekunden auf 100 km/h. Sind 160 km/h erreicht, wirft die Elektronik zur Schonung der Batterie den Vernunftsanker. Die Reichweite soll bei 600 Kilometern liegen, das Laden auf 80 Prozent der Kapazität an speziellen Säulen mit 150 kW Leistung nur 30 Minuten dauern. Zu Hause an der normalen Steckdose mit ebenso „normalem“ Strom erfordert das jedoch Stunden. Doch wenn der I.D. Buzz auf die Straßen kommt, wird dieses Problem wohl gelöst sein.

Die je nach Version dreireihig angeordneten Sitze lassen sich drehen oder auf Gleitschienen verschieben, in der Mitte findet sich auf Wunsch ein ausklappbarer Tisch

Da der I.D. Buzz ein sogenanntes Konzeptfahrzeug ist, bleibt die Frage, was von alledem mal in der Serie landen wird. Klaus Bischoff: „Natürlich nicht alles, aber das allermeiste von dem, was wir heute in Detroit zeigen“. Fraglich ist sicher das massive Lenkrad, in das nicht mehr wie heute üblich hineingegriffen werden kann. Auch manche der Materialien wie der hölzerne Boden werden den Eignungs- und Finanztest leider kaum überstehen. (Peter Maahn/SP-X)

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