Wird ein Bußgeldverfahren eingeleitet, schreibt der Gesetzgeber vor, dem Beschuldigten die Möglichkeit einer Anhörung zu gewähren. Dies ist in Artikel 103 unseres Grundgesetzes verankert. Die Möglichkeit, zum Tathergang Stellung zu nehmen, kann mündlich durch die Polizeibeamten erfolgen. Weit häufiger werden Anhörungsbögen verschickt. Wir klären darüber auf, was es mit diesem Schriftstück auf sich hat, ob man einen Anhörungsbogen ausfüllen muss und welche rechtlichen Folgen falsche oder nicht geleistete Angaben haben.
Was ist ein Anhörungsbogen?
Wer eine Verkehrsordnungswidrigkeit begangen hat, muss mit Post rechnen. Die Fahrzeughalter bekommen einen Anhörungsbogen zugeschickt und werden aufgefordert, sich zu den gemachten Vorwürfen zu äußern. Ein Anhörungsbogen ist nicht an eine bestimmte Form gebunden.
In der Regel sind folgende Angaben enthalten:
- Name des Beschuldigten
- Schilderung des Tatvorwurfs
- mögliche Sanktionen
- Zeugen (optional)
- Beweismittel (optional)
Mögliche Beweise müssen dem Anhörungsbogen nicht beiliegen. Daher muss das Schreiben auch nicht zwingend ein Beweisfoto enthalten.
Tipp: Aussagefähige Beweismittel sind erst bei Zusendung des Bußgeldbescheides beizufügen. Fehlen diese, kann sich ein Einspruch lohnen.
Welche Funktion besitzt der Anhörungsbogen?
Wer eine Straftat begeht, darf nicht einfach zur Rechenschaft gezogen werden, sondern muss sich zur Sache äußern dürfen. Wer eine Ordnungswidrigkeit begangen hat, bekommt nicht automatisch einen Bußgeldbescheid, sondern zunächst den Anhörungsbogen zugeschickt.
Neben dem Zweck, dem Fahrzeugführer die Möglichkeit zu geben, Stellung zur Straftat zu beziehen, dienen die Schreiben auch der Ermittlung des Fahrzeugführers. Anhörungsbögen werden beispielsweise bei Geschwindigkeitsüberschreitungen oder dem Übersehen von roten Ampeln oder Stopp- und Einbahnstraßen verschickt.
Es werden alle relevanten Informationen zum Tatbestand aufgeführt. So sollten die Uhrzeit und der Ort der Ordnungswidrigkeit angegeben sein. Ebenso erfahren Beschuldigte bereits aus dem Schreiben, welches Bußgeld zu erwarten ist. Kurze Angaben zu Zeugen sind ebenfalls enthalten, für den Empfänger aber wenig aussagekräftig, da mit Kürzeln gearbeitet wird, um die Beamten zu schützen.
Muss man einen Anhörungsbogen ausfüllen?
Der Anhörungsbogen sollte innerhalb von einer Woche nach Erhalt ausgefüllt und an die Bußgeldstelle zurückgeschickt werden. Der Empfänger hat den Bogen mit den vollständigen Angaben zu seiner Person zurückzuschicken. Angaben zum Tathergang müssen dagegen nicht gemacht werden, denn nach deutschem Recht muss sich niemand selbst bezichtigen und zu einer Ordnungswidrigkeit bekennen.
Zusammengefasst ist die Pflicht des Ausfüllens zweigeteilt:
Persönliche Daten: Laut § 111 Absatz 1 des Ordnungswidrigkeitengesetzes, kurz OWiG, muss jeder einer Ordnungswidrigkeit Beschuldigte wahrheitsgemäße Angaben zu seiner Person machen.
Dies betrifft:
- Vorname
- Zuname
- Geburtstag
- Geburtsort
- Anschrift
Anhörung zur Tat: Die Behörden geben dem Betreffenden in Form des Anhörungsbogens zwar die Möglichkeit, sich zum Tatvorwurf zu äußern, dies ist aber kein Muss. Wer dies nicht tun möchte, kann sich auf das Aussageverweigerungsrecht und § 55 des Ordnungswidrigkeitengesetzes berufen und muss keine Angaben machen, die ihn selbst belasten würden.
Tipp: Allgemein kann davon abgeraten werden, sich im Anhörungsbogen zur Ordnungswidrigkeit zu äußern. Gemachte Aussagen lassen sich nicht widerrufen. Dies könnte einen möglichen Einspruch verkomplizieren.
Trifft der Anhörungsbogen ein, kann der Empfänger in der Regel davon ausgehen, dass die persönlichen Daten der Polizei bereits vorliegen. Enthält der Anhörungsbogen jedoch fehlerhafte Angaben zu Namen, Geburtsdatum oder ähnlichem, ist der Empfänger verpflichtet, diese Angaben zu korrigieren und das Dokument mit den korrigierten Daten zurückzuschicken.
Gut zu wissen: Ist der Empfänger des Schreibens zwar der Fahrzeughalter, aber nicht der Verursacher der schuldhaften Ordnungswidrigkeit, kann der tatsächliche Täter im Schreiben benannt werden. Dies ist jedoch ebenfalls kein Muss.
Welche Auswirkungen haben Anhörungsbögen auf die Verjährung der Ordnungswidrigkeit?
Die Behörden haben nach dem Begehen der Ordnungswidrigkeit ein Vierteljahr Zeit, einen Bußgeldbescheid auszufertigen und dem Betreffenden zuzuschicken. Mit der Zusendung des Anhörungsbogens wird die Verjährungsfrist jedoch unterbrochen und wieder an den Anfang gesetzt.
Die Bußgeldbehörde hat dann erneut drei Monate Zeit, um den Fahrzeughalter zum Tatzeitpunkt ausfindig zu machen und den Bußgeldbescheid an seine Adresse zu verschicken.
Welche Strafen drohen, wenn im Anhörungsbogen falsche Angaben gemacht werden?
Ob ein Strafmaß vorliegt und wie hoch es letztlich ausfällt, ist von den fälschlichen Angaben abhängig. Wer die Angaben zur eigenen Person nicht wahrheitsgemäß beantwortet, muss mit einem Bußgeld rechnen. Dies kann in unterschiedlicher Höhe auferlegt werden. Maximal 1.000 Euro kann hier als Richtwert gelten.
Werden fälschliche Angaben zum Tathergang gemacht, kann dies eine Strafanzeige nach sich ziehen. So kann auch falsche Selbstbeschuldigung strafbar sein. Wer angibt, selbst am Steuer gesessen zu haben, um den Täter zu schützen, dem droht eine Strafanzeige. Der wahre Täter wird wegen falscher Verdächtigung angeklagt und der Fahrer, der ihn schützen wollte, dem wird Beihilfe zur Last gelegt. Eine entsprechende Entscheidung hat das Oberlandesgericht Stuttgart 2015 gefällt. (23.07.2015-2Ss94/15).
Was ist, wenn kein Anhörungsbogen zugeschickt wird?
Beschuldigte müssen vor Ausfertigung des Bußgeldbescheides die Möglichkeit bekommen, sich zum Tathergang zu äußern. Dabei ist jedoch der Anhörungsbogen nicht die einzige Option. Auch im Rahmen einer erfolgten Verkehrskontrolle kann der Betroffene durch die Beamten vernommen werden. Die Polizei konfrontiert den Fahrer dann unmittelbar mit dem Tatvorwurf. Dies gibt dem Täter gleichzeitig die Möglichkeit, zum Vorwurf Stellung zu beziehen.
Hinweis: Wurde bereits vor Ort eine Anhörung durchgeführt, kann dies die Übersendung des Anhörungsbogens überflüssig machen.
Damit ist die Anhörung in einem Bußgeldverfahren nicht zwingend schriftlich zu vollziehen. Bei Geschwindigkeits- und Abstandkontrollen, die mittels Laser oder Videonachfahr-System durchgeführt wurden, ist die mündliche Anhörung geläufig. Denn die Beschuldigten werden ohnehin von den Beamten vor Ort angehalten.
Wer von einem stationären Blitzer ertappt wird, erhält in der Regel einen Anhörungsbogen.
Wer keinen Anhörungsbogen erhalten hat, obwohl die Voraussetzungen hierfür gegeben sind, sollte überprüfen, ob die Meldeadresse sich zwischenzeitlich geändert hat und die Beamten das Schreiben deshalb nicht zustellen konnten. Wer der Verpflichtung zur Ummeldung nicht nachgekommen ist, muss mit weiteren Sanktionen rechnen und sollte dies schnellstmöglich korrigieren.