Ob die Stuttgarter damals eine Blume im Haar trugen? Es ist nicht wirklich überliefert. Fakt ist: Mercedes-Benz feiert gerade ein Jubiläum. 20 Jahre ist man nun im Silicon Valley ansässig. Das legendäre Tal, unweit von San Francisco, mitten in Kalifornien, dort, wo es, wenn es nach Albert Hammond geht, niemals regnet. Und Scott Mc Kenzie empfahl die Blume im Haar, denn in San Francisco, dort spüre man ganz besondere „Vibration“ und die „Menschen, ja, die wären in Bewegung“, was auch immer er damit meinte. Klar ist, Stillstand ist in der Tat nichts, was man den Menschen im Sonnenstaat vorwerfen kann. Und im Silicon Valley komprimiert sich der ganze Geist des „einfach mal tun, der frischen Ideen, der Start-Up Mentalität“.
Es ist einfach eine ganz besonderen Unternehmenskultur, die man spürt. Es wird eigentlich nie zurück geschaut, man schaut in die Zukunft. Und „to fail“ ist kein Makel, sondern eine nutzbare Erfahrung. Und dann nimmt man sich als Konzern schon ein Mal ein Zitat eines Eis-Hocky-Spielers zu herzen!
A good hockey player plays where the puck is. A great hockey player plays where the puck is going to be.
Und es zieht einen dorthin, wo der „Puck“ sein wird.
Wann immer etwas „Großes“ in einer Garage gegründet wurde, in 3 von 4 Fällen, stand eben diese Garage im Silicon Valley. Ausgerechnet die Schwaben vom Daimler haben das früh erkannt. Eventuell ,weil auch Gottfried Daimler damals in einer Garage das Automobil erfand? Wobei die Garage, ganz die schwäbische Heimat, keine Garage, sondern ein Gartenhaus war.
Das Internet war noch nicht auf den Smartphones eingezogen, ja es gab nicht einmal Smartphones, da hatte man bei Mercedes-Benz bereits die Weichen gestellt. Das Internet war noch etwas für die „großen graue Kisten“ in den Büros. Mobil war nichts, was man mit dem „Netz“ in Verbindung brachte. Doch was im Silicon-Valley passiert, sollte man nicht verpassen. Man wollte auch nichts verpassen. Und die Geschichte gibt ihnen recht. Dass man vor 20 Jahren eine „Niederlassung“ in Paolo Alto gründete, war die richtige Entscheidung. Damit war der Traditions-Konzern Mercedes-Benz der erste Automobil-Hersteller, der die Nähe zum Silicon Valley suchte.
Heute besitzt Mercedes-Benz ein Research & Development Center in Sunnyvale. Bis zu 240 Menschen arbeiten und forschen an der Zukunft des Automobils. In Rufweite zu den Giganten des Internets, zu Google, Apple, Yahoo, zu Intel, AMD, Adobe, eBay und so weiter, und so weiter. Diese Rufweite ist hilfreich. Mal eben bei Apple vorbeischauen und die Integration von Software und Hardware besprechen, oder gleich programmieren? Mal eben Ideen austauschen? Sich auf einen „Bio-Organic-Caffe-Latte-Mocha-sowieso“ treffen und Projekte anbahnen? Wenn es um den „digital way of life“ geht, dann geschieht das so, in dieser Geschwindigkeit, in dieser „simplicity“, nur im Silicon Valley. Da muss man vor Ort sein oder man verpasst etwas.
Mercedes-Benz hat das früher als andere Hersteller erkannt. 20 Jahre vor Ort, ein Jubiläum, das diese „Aufgeschlossenheit“ zeigt. Und ein Vorsprung, der sich so langsam auszahlt und für die Zukunft des schwäbischen Automobil-Hersteller noch wichtiger werden könnte. Autos werden zu smartphones auf Rädern, lautet dieser Tage eine gern gebrachte Metapher. Und auch wenn Autos nie zu smartphones werden, sondern eher zu einem „second digital home“ – so braucht es für diese Zukunft die Zusammenarbeit zwischen denen, die „Autos können“ und denen „die das Netz können“. Man wird enger zusammenrücken, digitale Hürden nehmen müssen und früher oder später wird das Netz zum Automobil gehören, wie heute noch der Sprit zum Motor.
Autonomes Fahren
Das „autonomeFfahren“ lässt sich in den USA leichter erforschen als bei uns. Die Probleme in der Ethik bleiben gleichwohl die selben. Wie soll das Auto in der Gefahrensituation reagieren? Kind, Hund, Fahrradfahrer? Wohin weicht der Wagen autonom aus, wenn es einmal unausweichlich wird. Und wie viel Gesetzlosigkeit ist erlaubt? Eine durchgezogene Linie überqueren, weil ein Hindernis die Fahrspur blockiert? Der Einzige sein, der sich an das Tempolimit hält? Es bleiben noch immer viele Fragen offen. Bei Mercedes-Benz in Sunnyvale forscht man nicht nur an der Technik. Man arbeitet auch mit Philosophen der Stanford-University zusammen – denn die Ethik eines „autonomen Automobils“ ist nicht einfach nach Gesetzes-Texten zu behandeln.
Das autonome Fahren ist in greifbare Reichweite gerückt – bereits im vergangenen Jahr sind wir mit einer „autonom fahrenden“ S-Klasse mitgefahren. Noch sind diese selbstfahrenden Autos ein Fall für die Forschung. Aber nicht mehr lange. Die Technik dürfte mittlerweile weiter sein als die Gesetzgebung.
Künstliche Intelligenz
Lernfähig müssen die Autos der Zukunft sein. Soll das „autonome Automobil“ als intelligent verstanden werden, dann muss es über das Vertrauen in die Technik hinaus gehen. Dann muss das Automobil der Zukunft eben auch lernfähig sein. Und das geht weit über das hinaus, was wir uns derzeit vorstellen. Dass sich Getriebe-Software und Motorsteuerung auf den Fahrbetrieb einstellen, ist gegen das, was das Auto der Zukunft lernen muss, schlicht Kindergarten.
Was wünscht sich der Fahrer? Wie planen wir clevere Routen? Welche Stimmung hat der Fahrer? Was wird er als nächstes tun? Musik, Licht, Geruch – das Auto der Zukunft wird Lücken in den Bedürfnissen füllen müssen, die heute noch nicht absehbar sind.
Das Auto wird zu einem ganz natürlichen Hotspot werden. Nur ein weiteres Glied in der Vernetzung unseres Alltags. Es wird wissen, wann wir unsere Ruhe brauchen, es wird verstehen, wann der Fahrer nebenbei Anrufe aus dem Büro annehmen kann. Es wird sich darauf einstellen, wie wir Bedienungen und deren Schnittstelle als „intuitiv“ verstehen. Es wird aber auch lernen, wie wir fahren. Es wird Muster in unserem Verhalten erkennen. Den Zielort kennen, wissen, ob wir gerade entspannt sind.
Boost by Benz
Bis es soweit ist, erforscht Mercedes-Benz auch Start-Up Ideen und setzt den Silicon Valley Erfindergeist einfach selbst um. Boost by Benz ist so eine Idee. Mercedes-Benz erforscht damit zum Beispiel, wie sich ein „on demand“ Shuttle per Rechen-Power, smarten Apps und GPS-Routenführung besser organisieren lässt. Aktuell setzt die „Boost by Benz“ Flotte 6 Mercedes-Sprinter ein, um damit Eltern im Silicon Valley zu entlasten. Die Kids zur Schule, von der Schule nach Hause oder zum Sport oder zu einer anderen Freizeit-Beschäftigung bringen? Hier setzt „Boost by Benz“ an. Für die Eltern ist der nicht ganz billige Service ein Hilfsmittel ,um den quasi nicht vorhandenen ÖPNV im Silicon Valley zu ersetzen. Für 22$ (on way – Einzelbuchung) lässt sich ein Shuttle buchen. Start, Ziel und Zeiten lassen sich per App oder online buchen, gleichzeitig ist der „Boost by Benz“ mit dem eigenen Schützling jederzeit auf der Handy-App zu orten. Wo sind die Kids? Schon angekommen? Boost by Benz will damit auch das Vertrauen in den Service stärken Denn Vertrauen ist wichtig, wann immer man die eigenen Kinder anderen anvertraut. Der Markenname Mercedes-Benz dürfte dabei auf jeden Fall eine Hilfe sein.
Nun könnte man zu Recht kritisieren: Typische US-Lösung. Wo es keinen ÖPNV gibt und das trifft auf die USA zu, sobald man die Mega-Citys an der Ost- und Westküste verlässt, braucht es ein Auto. Arbeiten beide Eltern, dann braucht es eine private Lösung, um den Nachwuchs zu versorgen. Also entstehen Geschäfts-Ideen in der Nische. In diesem Fall ein Shuttle-Service für „reiche Kids“. Denn 22 $ für die einfache Fahrt, da kommen schnell 400 – 800$ im Monat zusammen. Das will erst einmal verdient sein. Im Silicon-Valley und der Bay Area rund um San Francisco ist die Milliardärs-Dichte zwar höher als nirgendwo sonst – aber ist das der Sinn einer Gemeinschaft?
Doch Mercedes-Benz will „Boost by Benz“ auch als „Concept Proof“ für dynamische Routenführung als Lösung für ÖPNV-Anbieter verstehen. Enorme Rechenleistungen, GPS-Daten und Smartphones könnten mit der richtigen App den ÖPNV der Zukunft verändern. Fahrpläne und feste Routen – eventuell schon bald eine Sache für die Geschichtsbücher? Bis es soweit ist, wird die Idee erst einmal im Start-Up erprobt.
Grafikpower wie im Spiele-Computer
Neben dem „Ausprobieren“ einer Idee, wie dem „Boost by Benz“, dem Gründen von Start-Ups als Experiment, ist der größte Vorteil die Nähe zu den Global-Playern der digitalen Industrie. Ein gutes Beispiel für die Kooperationen der Zukunft wird man schon bald auch auf deutschen Straßen erleben. Wenn Mercedes-Benz im Januar in Detroit die neue E-Klasse enthüllt, dann wird sich im „Rechenzentrum“ der E-Klasse auch ein Chip befinden, dessen Rechenleistung vor ein paar Jahren noch ein „Häuserblock“ großes Rechenzentrum benötigt hätte. Der Stromverbrauch des Rechenzentrums und die Kühlung hätten 1 Millionen Watt an Strom verbraucht. Der nVidia Tegra X1 ist ein 64-bit Mobilprozessor mit der Rechenleistung eines Super-Computers. 256 Recheneinheiten für die Grafikseite, 8 Prozessor-Einheiten für die CPU-Seite und ein Stromverbrauch von rund 10 Watt lassen diesen Chip zur ersten Wahl bei aktuellen Smartphone-Generationen werden. In der Zukunft wird diese Rechenleistung dann im Cockpit der neuen E-Klasse für Grafik- und Rechenperformance sorgen. Der Supercomputer im Cockpit – vermutlich der erste Schritt zur angedachten Konvergenz zwischen Automobil und „Silicon Valley“.
Bei allen Veränderungen, die auf das Auto und die Mobilität in Zukunft zukommen, ist eines wichtig zu verstehen: Die Digitalisierung bietet Chancen. Chancen, die man nutzen muss. Um diese Chance zu verstehen, die Aufgaben zu akzeptieren und mit den Herausforderungen umzugehen, muss man dort aktiv sein, wo die „digitale Zukunft geformt wird. Mercedes-Benz tut dies seit 20 Jahren.