Porsche feiert den 25jährigen Geburtstag seines kleinsten und günstigsten Modells. 1996 erschien der erste zweisitzige Roadster mit Namen Boxster, ohne den es die stolze Sportwagenfirma heute wohl nicht mehr geben würde.
Anfang der 90er-Jahre ziehen düstere Wolken über dem Stuttgarter Stadtteil Zuffenhausen herauf. Für Deutschlands kleinsten unabhängiger Autobauer Porsche kommt es knüppeldick. Der Dollar-Kurs geht in den Keller, bis auf die Sportwagen-Ikone 911 stehen sich die damaligen Modelle wie der dicke 928 bei den Händlern die Räder platt. Für teure Neuentwicklungen fehlt das Geld. Es droht die Pleite und die Übernahme durch einen der großen Autokonzerne. Ausgerechnet ein kleiner Zweisitzer reißt das morsche Ruder herum, begeistert 1993 als Studie eines Roadsters die Fans und kommt 1996 unter dem Namen Boxster als Serienmodell. Von da an geht´s wieder bergauf, er verdient fortan gutes Geld und sorgt für die Anschubfinanzierung der heutigen Goldesel Cayenne, Macan oder Panamera.
Ein glattes Vierteljahrhundert ist das gerade her, in der schnelllebigen Technik-Welt eine gefühlte Ewigkeit. Doch vor dem wegen Corona gerade geschlossenen Werksmuseum parkt alles andere als ein Oldtimer. Der 4,31 Meter kurze, knallgelbe Roadster aus der ersten Boxster-Generation wirkt in besonderer Weise aktuell. Natürlich muten die Scheinwerfer im Glubschaugen-Format aus heutiger Sicht eher gemütlich als sportlich, der rundum glatten Haut fehlt die heute so angesagte optische Angriffslust und das Innenleben hat nicht das Technik-Feeling moderner digitaler Kommandostände. Aber in Summe steht da in der Stuttgarter Frühlingssonne ein zwar kleiner, aber doch immer noch begehrenswerter Roadster.
Das Aussehen des ersten Boxsters hat einen guten Grund. Wegen der Geldknappheit ist Porsche gezwungen, die Produktionskosten des Boxsters zu drücken. Die Lösung heißt „Gleichteile“, also identische Formen mit dem ein Jahr nach dem Boxster erscheinenden neuen 911. Von vorne gesehen gleichen sich fortan die Ikone und der kleine Bruder wie eineiige Zwillinge. Die Pfennigfuchser bei Porsche freut´s, viele hartgesottene Fans des 911 sind geschockt. Schließlich zahlen sie gut 20.000 Mark mehr für ihren Sportler als die Käufer des frechen Emporkömmlings. Inzwischen ist die Ähnlichkeit der beiden Sportler im Porsche-Programm als „Familiengesicht“ akzeptiert.
Der Boxster ist nach wie vor ein klassischer Mittelmotor-Roadster, zu dessen Vorgängern berühmte Kreationen wie der Porsche 550 Spyder (1954), aber auch der VW-Porsche 914 (1969) zählen. Vor allem aber markiert er das Festhalten am Dogma des Boxer-Motors. Der wird zwar von Wasser statt Luft gekühlt, liefert aber eben jenen Sound, der seit jeher den Dauerbrenner 911 auszeichnet. Die Abkehr vom Boxer-Triebwerk bei 924, 944 und beim Flaggschiff 928 ist als einer der Gründe erkannt worden, die zur Porsche-Krise in jener Zeit geführt haben. Porsche-Chef Wendelin Wiedeking zieht mit dem Boxster gerade noch rechtzeitig die Reißleine. Der Boxer-Motor ist gerettet und heute noch unverzichtbares Merkmal der Sportwagen Boxster, seiner Coupé-Schwester Cayman und natürlich des 911.
Dem Wiedererleben des Fahrgefühls der 90er-Jahre am Steuer des ersten Boxster fehlt der Hauch von Nostalgie, der Ausfahrten in längst verblichene Zeitzeugen ansonsten begleitet. Zu aktuell ist das unnachahmliche Roadster-Feeling. Natürlich entsprecht die Zielgenauigkeit der Lenkung nicht mehr dem heutigen Standard des aktuellen Boxsters, die Durchzugskraft von eher bescheidenen 245 Newtonmetern, der Spurt in knapp sieben Sekunden auf 100 km/h oder die Spitze von immerhin 240 km/h sind alles typische Porsche-Werte von vor 25 Jahren. Die Aufrüstung im Motorraum sorgt dafür, dass der heutige Boxster mit 294 kW/400 PS fast doppelt so viel Leistung hat wie sein Vorfahre mit 150 kW/204 PS.
Unterm Strich aber offenbart der Generationen-Vergleich die Erkenntnis, dass es zwar spürbare Unterschiede zwischen dem Damals und dem Heute gibt, die aber geringer sind als erwartet. Das überlegene Gefühl des offenen Fahrens überlagert alles. Der „Oldie“ gibt sich bescheidener, sein Sound ist kraftvoll, aber dezenter als es der Zeitgeist 2021 vorgibt. Da brüllt und blubbert nichts, alles echte Töne. Natürlich erkennt der erste Boxster keine Verkehrsschilder, hält nicht automatisch dank Radarhilfe den Abstand, warnt nicht vor einem Überholer im toten Winkel oder kann sich nicht mit dem Internet verbinden. Die digitale Revolution ist im Boxster zwar zu erahnen, aber hat noch nicht das heutige Tempo
Mit einem Sondermodell des Boxster GTS ehrt Porsche den Jubilar, mit ein paar Design-Extras und behobener Ausstattung kostet er 96.356 Euro. Der Startpreis für den ersten Boxster vor 25 Jahren lag bei knapp über 70.000 Mark, als etwa 35.000 Euro. Die Zeiten ändern sich. Was aber auch für Sportwagen wie eben den Boxster, aber auch den 911 gilt. Denn das dicke Ende kommt noch, wenn Verbrennungsmotoren wirklich nicht mehr zugelassen werden. Zwar laufen Versuche, den Boxster zum Stromer zu machen. Aber Batterien für vernünftige Reichweiten finden nicht wirklich Platz im engen Innenleben. Insofern ist es ungewiss, ob der Kurvenkönig auch seinen 50jährigen Geburtstag mit einem Nachfolger erleben wird.