VW wird 2023 seine Plug-in-Hybridtechnik ein letztes Mal updaten. Geplant sind Reichweiten bis zu 100 Kilometer sowie eine deutlich schnellere Ladefähigkeit für die Plug-in Hybride.
In der Branche gilt der Plug-in-Hybrid gemeinhin als Brückentechnologie, gedacht für die Zeitspanne zwischen Verbrennungsmotor und dem reinen batterieelektrischen Antrieb. Auf Letzteren setzt Volkswagen seinen Schwerpunkt, entwickelte hierzu in den vergangenen Jahren den modularen Elektrifizierungsbaukasten MEB. Er dient als Basis für die ID-Familie und den entsprechenden Derivaten bei den Tochtermarken Skoda, Cupra und Audi. Bis zu 70 verschiedene Elektromodelle sollen auf den MEB gestellt werden und in hohen Stückzahlen in Europa, China und Nordamerika ab etwa Ende des Jahrzehnts vom Band laufen.
Man braucht keine große Reichweite am Stück
Bis dahin, so schätzt man in Wolfsburg, werden die Plug-in-Hybride noch einen Großteil zu den Emissions-Einsparungen beitragen. Laut Volkswagen ist das CO2-Reduktionspotenzial sogar ebenso groß wie das von Elektroautos mit reinem Batterieantrieb. Der Grund: 95 Prozent der täglich zurückgelegten privaten Fahrten liegen unter 50 Kilometer. Würden die Besitzer ihren Plug-in-Hybrid jeden Tag ans Kabel legen, käme dies praktisch einem E-Auto gleich – der Benziner bleibt kalt.
Hauptsächlich bedingt durch die staatliche Förderung (Innovationsprämie und steuerliche Vorteile bei der privaten Nutzung als Dienstwagen) konnte VW seine Plug-in-Verkaufszahlen selbst im Pandemie-Jahr 2020 gegenüber 2018 um das Vierfache steigern. Dieses Jahr dürfte der Absatz nochmals verdoppelt werden, auf dann rund 150.000 Einheiten. Der durchschnittliche Plug-in-Anteil liegt mittlerweile bei über 20 Prozent. Eingebaut wird die Hybridtechnik in die MQB-Modelle (Modularer Querbaukasten) Golf, Passat, Arteon, Arteon Shooting Brake und Tiguan. Beim modularen Längsbaukasten MLB ist es der Touareg.
Wolfsburger Eigenentwicklung
Beim MQB besteht die Kombination aus Verbrenner und E-Maschine stets aus einem 1,4-Liter-TSI-Benziner mit 110 oder 115 kW (150 oder 156 PS) und einem 80 oder 85 kW (110 bis 115 PS) starken Elektromotor. Die Systemleistungen liegen bei 150 und 180 kW (204 und 245 PS). Beide Bauteile sind Eigenentwicklungen.
Da der Hochvoltspeicher derzeit eine nutzbare Kapazität von 10,4 kWh besitzt, sind elektrische Reichweiten von bis zu 60 Kilometer drin. Der Tiguan eHybrid schafft allerdings lediglich 50 Kilometer. Greift zum 1. Januar 2022 die neue Regelung, nach der der Käufer eines Plug-in-Hybrids nur dann eine Förderung erhält, wenn das Auto mindestens 60 Kilometer weit elektrisch fahren kann, wäre der Tiguan eHybrid in seiner jetzigen Konstellation raus. Auch der Touareg wäre betroffen.
Letzte Verbesserung für die Plug-in Hybride
Die VW-Ingenieure arbeiten daher intensiv an einer neuen Generation des Plug-in-Antriebs. Intern sprechen die Entwickler vom PHEV II. Sie wird die letzte Ausbaustufe der Hybridisierung sein und 2023 mit dem nächsten Tiguan (3. Generation) eingeführt. Kurz darauf erhält sie der Passat B9, der dann in 9. Generation und nur noch als Variant an den Start geht. Er teilt sich die verlängerte Plattform mit dem Skoda Superb. Beiden laufen dann in Bratislava vom Band.
Die Generation PHEV II beinhaltet zum einen die Integration eines anderen Turbobenziners. Der EA211 in der Entwicklungsstufe „evo II“ ist ein Vierzylinder mit 1,5 Liter Hubraum. Gegenüber dem alten 1,4-Liter-Aggregat bringt er mehr Leistung und Drehmoment mit, aber auch niedrigere Emissionen. Zwar wird VW erneut eine 150-kW/204 PS-Plug-in-Variante als Einstieg anbieten, jedoch die 180-kW/245 PS-Version durch eine mit höherer Leistung ersetzen. Geändert wird zudem das Zusammenspiel zwischen Verbrenner und E-Maschine. Besonders bei Zwischenspurts wie beim Überholen soll die E-Maschine länger „boosten“ und den Kick-in des TSI-Motors so sanft wie möglich zu machen. Ziel ist es, den Fahrkomfort zu erhöhen.
Kein zusätzliches Gewicht
Punkt zwei bei der Plug-in-Evolution betrifft den Hochvoltspeicher. „Mit neuer Zellchemie und einem besseren Package wird es möglich sein, gut die doppelte Kapazität in den gleichen vorhandenen Bauraum zu bekommen“, sagt Hannes Wüstenberg, zuständig fürs Reichweiten-Management. Die Batterie soll trotz der gestiegenen Kapazität mit 135 Kilogramm etwa gleich schwer bleiben. Das gesamte PHEV-II-System bringt rund 200 Kilogramm auf die Waage.
Doppelter Energieinhalt heißt auch doppelte Reichweite. „Wir streben die 100-Kilometer-Marke an“ so Wüstenberg. Außerdem soll der Ladekomfort verbessert werden. Hielt man früher das DC-Gleichstromladen bei Plug-in-Hybride für nicht relevant, hat sich das nun aufgrund der größeren Batterie geändert. Sie soll in weniger 30 Minuten wieder voll sein.