Vom Spaß am sparen
Man unterstellt gerne, dass es eine zweite Generation viel leichter hat als die erste Generation, zum Beispiel wenn es um die Unternehmensgründung geht. Der Opa hat das Unternehmen gegründet, der Vater hat es groß gemacht und der Sohn wird es an der Börse verzocken – so oder ähnlich lassen sich die simplen Verallgemeinerung im Bezug auf „Generationen“ und deren Erfolg zusammen fassen.
Mit der ersten Toyota Auris Generation hat Toyota den großen Angriff auf den Segments-Hauptdarsteller von Volkswagen ausgerufen. Mit einer lautmalerischen Plakatwerbung wollte man von der neuen japanischen Alternative im angestammten Revier des Dauerläufers „Golf“ verkünden. Und ruft man sich in Erinnerung welchen Stellenwert der von Kiichirō Toyoda gegründete Konzern in anderen Teilen der Welt genießt, dann durfte man davon ausgehen, dass der Erfolg nur eine Frage der Zeit ist.
Doch manchmal kommt es anders und so ist nun bei der Präsentation der zweiten Auris-Generation nichts mehr zu spüren, von der ehedem prägnant formulierten Attacke auf den primus inter pares aus Niedersachsen.
Ich persönlich finde das auch gut so – denn es passt doch deutlicher in die Japanische Kultur: Überzeugen durch Technik und Funktion – nicht durch Radau und Klamauk.
Design-Stolperfallen, oder nicht alles was glänzt ist auch Gold.
Auris – ein Kunstname der sich vom lateinischen Begriff „aurum“ (steht für Gold) ableitet und doch ist genau hier wieder, in meinen Augen die geringste Übereinstimmung zwischen „Ziel“ und „Etappe“ zu finden. Toyota spricht von einem neuen Markengesicht, prägnant und dynamisch – gestaltet für den europäischen und speziell für den deutschen Markt. Trotz einer um 55 mm flacheren Fahrgastzelle, einer prägnanten C-Säule, 10 mm weniger Bodenfreiheit und einer relativ flachen Motorhaube – es fehlt der eindeutige „Toyota-Style“. Ich verstehe durchaus, wenn ein Weltkonzern wie Toyota viele Details und Anforderungen bei der Gestaltung zu berücksichtigen hat – ist Toyota doch weltweit mit mehr als 90 Fahrzeug-Silhouetten vertreten“. Doch in Deutschland angetreten – im Segment des Platzhirsches von Volkswagen, muss der japanische Nuntius des Kompaktwagen-Segments mit mehr Selbstbewusstsein und einer enorm präsenten Erscheinung glänzen.
Wenn gleich mir einige Details des neuen Auris sehr gut gefallen haben. So erscheint mir die Gestaltung der Scheinwerfer, die im übrigen mit Bi-Xenon und aktivem Kurvenlicht erhältlich sind, im besonderen durch die vom Kühlergrill ausgehende Chrom-Augenbraue sehr viel Attraktiver als beim ersten Auris.
Von hinten betrachtet wirkt mir, der nun in die Heckklappe integrierte Heckspoiler zusammen mit dem unteren Teil der Stoßstange als „Diffusor“ gezeichneten Stoßstangen-Abschluss deutlich stimmiger. Wenig stimmig hingegen die Gestaltung der Rückleuchten, die zudem nicht in LED-Technik erhältlich sind.
Hybridisierter Erfolgswagen
87 Gramm-CO² je Kilometer. Eine kleine Zahl mit großer Wirkung in der wichtigsten deutschen Fahrzeugklasse. Mit 87 Gramm CO²/KM steht der neue Auris Hybrid an der Spitze der ökologischen Golf-Mitbewerber. Sparsamer und dynamischer sollte diese neue Auris Generation werden. Bei meiner ersten Ausfahrt mit der neuen Generation, konnte ich die zwei (für mich) wichtigsten Modelle bereits fahren: Den zwei Liter Diesel mit 120 PS und den Auris Hybrid, der mit einer Systemleistung von 136 PS aufwartet. Im Fall des Diesel muss man jedoch davon ausgehen, dass vermutlich im Laufe eines möglichen Facelifts (2015?) bereits Diesel-Motoren aus dem Hause BMW verbaut werden. Der zwei Liter große Diesel ist zwar ein angenehmer Geselle, der von seiner Laufruhe und dem Drehmoment von 310 Nm zwischen 1.600 und 2.400 Umdrehungen lebt, aber mit 124 PS ein wenig „gealtert“ wirkt. Bei anderen Herstellern reicht hierfür ein in der Reibung optimierter 1.6 Liter Diesel-Motor.
Die 1.33 Liter „putzig kleine“ und zudem nicht aufgeladene Basis-Motorisierung (99 PS / 128 Nm) macht für mich keinen wirklichen Sinn. Auch wenn der Auris zwischen 50 und 70 Kilogramm leichter wurde und man somit bei einem Startgewicht des 1.33 von gerade einmal 1.150 kg angekommen ist – der „echte Auris“ ist für mich die Hybrid-Variante. Das sehen mittlerweile auch 30% der Käufer so – Toyota rechnet auch bei der neuen Generation mit einer fast paritätischen Verteilung des Käuferinteresses. 33% Hybrid-Käufer, 33% Benziner-Käufer und 34% Diesel-Fahrzeug Käufer.
Mit dem cW-Wert von 0,27(7) (ich schreibe üblicherweise nur zwei Nachkommastellen – aber dann wären wir ja bei 0,28) ist der Auris kein Windei. Im Gegenteil, er entwickelt einen fast schon sportliches Habitus. Verantwortlich hierfür unter anderem: Eine 10 % verwindungssteifere Karosserie, eine 10 % direktere Lenkung und eine insgesamt dynamischere Auslegung des Fahrwerk. So konnte ich als Fahrer im 4 Zentimeter tiefer montierten Sitz, die wiedergefundene Freude an der Fahrdynamik im Hause Toyota, schon förmlich am Horizont aufgehen sehen!
Wobei sich der Hybrid-Käufer jedoch entscheiden muss: Maximale CO²-Effizienz mit 15 Zoll Felgen, oder gesteigerte Fahrdynamik und optische Highlights, mit den im „Life Plus“ Paket enthaltenen 17 Zoll Aluminium-Felgen. Denn dann liegt die CO²-Emission bei 92 Gramm CO² je Kilometer.
Neue Generationen
Mit Ausnahme des 1.4 Liter Dieselmotors, rüstet Toyota die neue Auris Generation nun immer mit einer Start/Stop-Automatik aus. Und anstelle von 4 Ausstattungsvarianten gibt es in der Zukunft deren 5. Wobei zur Markteinführung des neuen Auris auch noch eine sechste Variante hinzukommt.
Auris, Auris Cool, Auris Life, Auris Life Plus und Auris Executive sind die normalen Ausstattungslinien und eine „START Edition“ komplettiert die Möglichkeiten für den Anfang.
Mit 15.950 € für den Auris 1.33 sank der Preis für das neue Modell sogar um 700€. Der Auris Hybrid fängt mit der Life-Ausstattung an und wird 22.950 € kosten, was wiederum 350 € weniger ist als beim Vorgänger.
Schein und Sein
Was kann er besser als seine Mitbewerber?
- Er ist der Hybrid-Vorreiter, nicht nur in seiner Klasse.
- Sitzposition und Raumgefühl auf den beiden Vordersitzen ist extrem gut geworden!
- In der Hybrid-Version ist die Batterie nun unter den Rücksitzen, der Kofferraum wuchs dadurch um 30% !
Worin sind die Mitbewerber aktuell besser?
- Trotz eines beledertem Armaturenbretts in der Executive-Variante, fehlt der letzte Feinschliff im Innenraum. Auch hier: „Bitte mehr Liebe in den Details!
- Ein Power-Diesel und ein Doppelkupplungstriebe fehlen vollständig.
- Es fehlen aktuelle Assistenzsysteme wie „City-Notbremsfunktion“, Spurhalte-Assistent u.ä.
Fazit
Toyota spielt geschickt auf dem schmalen Grat zwischen emotionalem Automobil und ökologisch sinnvoller Fortbewegung – um dem Champion der Golfklasse gefährlich zu werden, benötigt es jedoch mehr als pure Ökologie und überdurchschnittliche Zuverlässigkeit. Es braucht mehr Spaß und zwar mehr als nur den am sparen! Und hier bietet auch die neue Auris Generation noch Platz für Verbesserungen!