Erste Fahrt: Mercedes-Benz GLC Coupé

Wenn es eine Skala von 1 bis 10 für sinnlose Fahrzeug-Segmente geben würde, eine viertürige Coupé-Variante eines SUV, mit dem man eh nicht in das Gelände fährt, würde sicherlich auf Platz 11 landen. Dabei ist eine Steigerung noch möglich. Als vermeintliches NEFZ-Feigenblatt mit Plug-in Hybrid-Antrieb schießt man auf der Skala der sinnlosen Automobile dann endgültig den Vogel ab. Oder nicht? 

Das neue GLC Coupé von Mercedes-Benz im Fahrbericht

Schön ist anders. Oder nicht?

Optisch ein wenig „gewöhnungsbedürftig“. Dass aber das eigene Empfinden zum Thema Design nicht immer sofort treffsicher ist, habe ich bereits lernen müssen. Autos auf Fotos und Autos in der Realität, oft klafft hier ein großes Delta. Die Coupé-Variante des GLC ist auch so ein Fall. Auf den Fotos wirkt die Karosse schwerfällig. Ungelenk. Irgendwie – komisch. Freilich, ein SUV mit abfallender Dachlinie, ein Coupé mit vier Türen, hochbeinig mit riesengroßen Rädern, all das ist für einen Traditionalisten wie Gothic-Musik auf dem Weltkirchentag. Und doch. Nach einem Ausflug in das Aosta-Tal wirkt der erste Eindruck völlig verfälscht. mein-auto-blog ist das GLC Coupé als 250d, 350d und 350e während der Presse-Veranstaltung an zwei halben Tag durch die reizvolle Landschaft des Aosta-Tals gefahren und bereits am Abend des ersten Tages bröckelten die Zweifel am Design. An der Idee. An der Konzeption. Doch der Reihe nach.

Mercedes-Benz GLC Coupe 012 Test erste Fahrt Fahrbericht
Welchen nehmen? Kleiner Diesel, großer Diesel, oder doch gleich den Plug-in Hybriden?

Einmal alles. 

Dass die Kombination aus wuchtigem SUV, eleganter Dachform a la Coupé und der Praktikabilität von fünf Türen funktioniert, hat BMW zuerst herausgefunden. Doch bei den Stuttgartern laufen die neuen Modelle derzeit eh am Fließband aus der Ideenfabrik, da kann man sich dann schon einmal vom weißblauen Kollegen inspirieren lassen und mit „me too“ reagieren. Das GLE Coupé machte den Anfang, mit dem GLC Coupé reagiert Mercedes-Benz nun auf den Kundenwunsch, die Extravaganz der Kombination verschiedener Fahrzeug-Segmente auch eine Klasse darunter zu realisieren.

Je länger man sich das GLC Coupé anschaut, desto logischer, desto attraktiver wird die Idee.

Die Kopffreiheit in Reihe eins ist gut. Ebenso sitzt man aufrecht, schaut leicht erhöht und irgendwie ist das endlich wieder wie früher. Bevor die Limousinen zu flachen Panzerspähwagen wurden. Genug Platz im Greenhouse hatte man früher ja auch. Heute übernimmt das SUV die Rolle des praktischen Alltags-Begleiters.

Dass man trotz Coupé-Dachform nicht auf vier Türen verzichtet, auch das ist für den Alltag praktisch. Alles zu vereinen, den Praxis-Nutzen von Übersicht und Komfort eines SUV, das Raumgefühl einer klassischen Limousine, die Eleganz eines Coupés. Das ist der Anspruch der jüngsten Generation an SUV-Coupés.

Ob einem das Ergebnis gefällt, ist eine gänzlich andere Frage.

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Die Kandidaten: GLC Coupé 250d, der 350d und der 350e

Man erfindet für das „all-in-one“ Auto die Welt nicht neu. Das Design ist neu. Es ist anders. Aber der Baukasten gibt uns Motoren, Getriebe und Ausstattungsdetails vor. Die technische Nähe zum GLC bringt die fulminante, aber leider nur optional erhältliche Luftfederung mit dem Dreikammer-Federbein für die Vorderachse mit. Damit ist die AIR BODY CONTROL vermutlich das wichtigste Extra in der Aufpreisliste, gleich nach der Frage: Welcher Motor darf es denn bitte sein?

Vier Diesel, drei Benziner und ein Plug-in Hybrid stehen auf dem aktuellen Wunschzettel zur Disposition. Die ganz kleinen Diesel, 200d (136 PS) und 220d (170 PS) hat Mercedes für die erste Fahrt ausgespart, dafür dürfen der 204 PS starke 250d und der aktuell noch einzige V6, der 258 Ps starke 350d, zeigen, was geht.  Dass es den 250 auch ohne d gibt, dann 211 PS stark und Benzin schlürfend und darüber der 245 PS starke 300 – der auch mit Vierzylindern auskommen muss für den deutschen Markt, eher eine unwichtige Information. Wer sich für einen SUV entscheidet, der verbindet dies mit dem Kauf eines Dieseltriebwerks. Das ist allerdings eher eine Eigenheit des deutschen Marktes. Für alle Diesel- und Feinstaub-Allergiker gibt es noch zwei Alternativen.

Den ebenso wenig zur Testfahrt angereisten „Mild-AMG“ GLC 43 AMG mit dem 3.0 Liter V6-Bi-Turbomotor mit 367 PS und die Zukunft der Antriebstechnik. Den Plug-in Hybriden. Okay – die Brücke in die Zukunft. Die Verbindung aus Benzinmotor und Elektromotor. Und im GLC 350e in einer ernsthafteren Kombination als bislang.

Stecker rein

Der GLC 350e kombiniert erstmalig Batterie- und E-Motor-Power aus GLE und S-Klasse, mit dem kleinen Benziner, der in C- und E-Klasse eingesetzt wird. Das bedeutet: Mehr Batterie-Leistung und ein kraftvollerer Elektromotor. Das Ergebnis? 320 PS Systemleistung und – rein nach Norm – eine elektrische Reichweite von 34 Kilometern. Dank Elektro-Boost knackt das GLC Coupé den Standard-Sprint damit in 5.9 Sekunden. Spüren wir da einen Anflug von Sportlichkeit?

Wenn es nach Mercedes-Benz geht, ist der GLC als Coupé der Sport-SUV.

Wie sinnvoll ist der Plug-in Hybrid GLC 350e Coupé?

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Ist das sportlich?

Natürlich spürt man die knapp 1.850 Kilogramm des GLC 250d. Dennoch und das verdankt er vor allem dem „AIR BODY CONTROL“ Fahrwerk, zirkelt sich das viertürige SUV-Coupé überraschend handlich über die Alpenpässe der Dolomiten. Die Neungang-Automatik unterstützt den Vierzylinder-Diesel soweit es geht, stellt die richtigen Gänge für das 500 Nm starke Triebwerk parat und schielt im Dynamic-Modus nach den höheren Drehzahlen, verfällt im Comfort-Modus auf ein entspanntes Arbeiten und trägt einen ordentlichen Batzen zum ausgewogenen Fahreindruck hinzu.

Sportlich ist anders. Lassen wir uns von den Mercedes-Benz Marketing-Experten nichts einreden. Egal, ob Air Body Control und 15 Millimeter-Absenkung im Sport-Modus des Dyamic Select-Schalters, der erhöhte Schwerpunkt und das Gewicht des GLC Coupé sind spürbar. Eventuell nicht für den Otto-08/15-Piloten, aber der benötigt auch die von Mercedes-Benz angedichtete und weit über 100x in der Pressemeldung vermerkte „Sport“lichkeit des GLC Coupés nicht. Wer sich im Serpentinen-Fräsen üben will, der greift zur C-Klasse. Gerne als Coupé. Ja – die Fahrwerksabstimmung des GLC Coupé fühlt sich – für einen SUV – handlich an, aber sportlich ist etwas anderes.

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350d – Weil Sechszylinder immer besser sind

Es sind nur 54 PS Unterschied, aber es verändert das gesamte Fahrzeug. Sobald aus dem Vierzylinder-Nageln, vor allem im Leerlauf durchaus präsent, ein souveränes V6-Brummen und Schnauben wird, erhebt sich das gesamte Fahrzeug in ein neues Segment. Souverän schreibt man eben nicht mit vier Zylindern. Und in Verbindung mit der Neunstufen-Automatik fällt der Sechszylinder im Prinzip ständig unter die 2.000 Umdrehungen und hält sich damit vornehm zurück – nur um, wenn gewünscht, 620 Nm Kraft in den Antriebsstrang zu drücken. Spürt man das Mehrgewicht auf der Vorderachse? Ja, ein wenig. Der 250d fühlt sich gegenüber dem 350d doch noch ein wenig handlicher an. Aber wer es auf diese Details ankommen lässt, der sollte gar nicht erst über ein „SUC“ nachdenken, sondern lieber einen Klassiker ordern. Einen C450T (heute C43 T) eventuell?

Der Lifestyle entscheidet

Ablehnung zur Premiere. Anerkennung am Ende der Testfahrt. Das Design des GLC Coupé wirkt stimmig, sobald man sich an die Formen gewöhnt hat. Im Straßenbild sticht das viertürige SUV-Sportcoupé heraus. Die angedichtete Sportlichkeit reicht für den Alltag locker aus. Wer indes von echter Sportlichkeit träumt, dem muss man nicht erklären, was 1.8 Tonnen und ein nach oben verschobener Schwerpunkt bedeuten.

Die Blicke sind einem im GLC Coupé sicher. Beim Preis sollte man ein paar Reserven übrig haben. Mercedes-Benz presst mit einer bis ins Detail ausgeklügelten Aufpreispolitik den letzten Taler aus den Taschen der Interessenten. Weshalb bei einem Lifestyle-Fahrzeug, dem Hipster-Segment der aktuellen Automobil-Industrie, die grundlegenden Technik-Features wie LED-Licht und ordentliche Lautsprecher noch nach einem Extra-Obolus verlangen – nun – vermutlich weil es funktioniert … dass aber selbst der 66-Liter Tank aufpreispflichtig ist, es grenzt an Beutelschneiderei!

Der von uns bewegte Testwagen – als 250d – bewegt sich locker an der 80.000 € Grenze!

Mercedes-Benz GLC Coupé – Das Fazit: Oder nicht!

Am Ende kommt immer alles anders, als man zuerst dachte. Betrachtet man das Design des GLC Coupés im Straßenbild, dann wirken die klassischen Karosserieformen plötzlich furchtbar langweilig. Die Kombination aus SUV-Unterbau und Coupé-Dachlinie erscheint plötzlich sinnvoll und wirkt zudem von Minute zu Minute besser. Attraktiver. Der „Hipster-„Benz startet bei 49.444,50 €. Spannend wird es aber erst ab rund 70.000 €, dann hat man immerhin den 250d und eine solide Ausstattung. Die Preise für den 350d und den Hybriden hat Mercedes-Benz noch nicht online gestellt. Die ersten Auslieferungen für den GLC als Coupé wird es aber Herbst geben. 

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Zeit, noch einmal über die Plug-in Variante nachzudenken. (klick) 

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