Der Mitsubishi L200 ist auf den ersten Blick eine interessante Mischung aus einem Packesel und einer Bergziege. Was man sich im Tierreich als Kreuzungsergebnis nicht anschauen möchte, bringt der japanische Allrad-Spezialist Mitsubishi erfolgreich auf unsere Straßen.
Und weil das nicht nur der Tester und Schreiber dieses Berichtes so sieht, ist der Mitsubishi L200 zugleich auch noch die aktuelle Nummer 3 der Zulassungspitze im Hause Mitsubishi für den deutschen Markt. Doch ganz egal ob in erster Linie Packesel oder Bergziege – um ordentlich vorwärts zu kommen bedarf es eines starken Antriebes. Und den hat Mitsubishi seit dem letzten Facelift nun auch im L200 zu bieten.
Mit 178PS und 400Nm, wird von einem 4 Zylinder Diesel in der Begleitung von deutliche vernehmbaren Nutzfahrzeug-Nageln, immer ausreichend Kraft zur Verfügung bereitgestellt.
Der langhubig ausgelegte Power-Diesel ist trotz der Vierventil-Technik im Zylinderkopf, Direkteinspritzung und dem Turbolader mit Ladeluftkühlung kein Leistungswunder – bleibt jedoch zu vermuten, dass dieser Motor weit unter seiner Belastungsgrenze arbeitet und somit vor allem mit Dauerhaltbarkeit überzeugen wird.
Der Motorsound des stärksten Antriebs, den Mitsubishi für den L200 anbietet, ist in diesem Fall – wie bereits geschrieben – vor allem ein vertraut klingendes Nutzfahrzeug-Nageln. Jedoch ist dieser Motorklang nicht etwa störend, sondern gerade weil er so ehrlich, nach einem kraftvollen Diesel klingt, in Verbindung mit dem deutlich vernehmbaren Turbolader-Pfeifen, eine akustische Bestätigung für den Charakter des Offroad-Pickups.
Die von mir gefahrene Automatik-Version stellt zum Schutz des Antriebsstranges “nur” 350 Nm, anstelle derer 400 Nm in der von Hand geschalteten Version bereit. Dafür stehen diese 350 Nm über ein breiter nutzbares Drehzahlband bereit. Egal ob 350 oder 400 Nm, begleitet wird die Arbeit des Diesel immer von einem deutlich vernehmbaren Turbolader-Pfeifen. Und so vereinen sich das Arbeitsgeräusch des Motors und die klassische 5-Gang Wandlerautomatik zu einer Kombination die den Charakter des L200 trefflich beschreiben.
Klassisch. Tatkräftig. Zuverlässig.
In der gefahrenen Variante mit der „Doppelkabine“ ist die Ladepritsche mit etwa 1,50m x 1,50m noch groß genug um die zulässige Nutzlast von 850kg in Form einer, auf Euro-Paletten verpackten Ladung, per Gabelstapler auf zu laden. Um die Pritsche mit einem Gabelstapler schnell und einfach beladen zu können, kann die Heckklappe an ihren Befestigungspunkten ausgehängt werden und somit fast im 180° Winkel nach unten geöffnet werden. Alternativ bildet die flach gelegte Heckklappe eine Verlängerung der Ladefläche, um so auch zum Bsp. längere Gegenstände wie Rohre von A nach B zu transportieren.
Womit wir beim Stichwort für den Offroad-Pickup währen.
Das für die Transportaufgabe zwischen A und B nicht unbedingt ein eben geteertes Asphaltband die Verbindung übernehmen muss, dafür sorgt der permanente Allradantrieb in Zusammenarbeit mit der Bodenfreiheit von ca. 20 cm.
Unter der Ladefläche des Pickups sorgt eine Starrachse für die nötige Verschränkung im Gelände und damit für Bodenkontakt der 17 Zoll großen Räder auch bei groben Feldwegen und bei völliger Abwesenheit von Wegen und Straßen.
Natürlich ist der lange Überhang hinten und die montierte Anhängerkupplung nicht wirklich förderlich um im härtesten Gelände ohne Bodenkontakt die Achsverschränkung vollständig zu nutzen. Doch wer mit seinem L200 ständig härteste Fernexpeditionen meistern muss, der wird vermutlich auf die Doppelkabine verzichten und stattdessen, 30cm mehr Laderaumlänge und einen größeren hinteren Böschungswinkel wählen. (Oder zu einem Unimog greifen?) Für 99% der Einsatzbereiche in unseren Breitengraden erfüllt der L200 alle Ansprüche die an ihn, seine Transport- und Geländefähigkeiten gestellt werden. Ich war nicht in der Lage die Grenzen des L200 wirklich zu überschreiten.
Kraft ist also vorhanden. Talent für unwegsame Geländeabschnitte ebenso.
Wie sieht es mit der Performance auf der Straße und dem Verbrauch aus?
Das beides nicht perfekt zu vereinen ist, dürfte ebenso klar sein wie der Himmel über der Wüste Gobi. Und doch versucht der L200 den Spagat zwischen Offroader, Nutzfahrzeug und Passagiertransporter.
Die an der Hinterachse verwendete Starrachse mit Blattfedern ist im Gelände und für hohe Zuladungen perfekt – für den Komfort auf ebenen Autobahnen im Reisetempo aber leider kontraproduktiv.
Und so holpert die Hinterachse vor allem im unbeladenen Zustand munter über Querfugen und versetzt auf zügig genommenen Landstraßenkurven auch gerne mal. Das gibt dem Fahrer und den Mitreisenden jedoch keinen Grund zur Sorge. (Allenfalls ein gutes Argument doch noch schnell 200kg Rindenmulch im Baumarkt zu holen.)
Diese Art der Mitteilungen des Fahrwerkes über den Straßenzustand sind eher ein Komfort-Manko als ein fahrdynamisches Problem. Mitsubishis L200 ist in seiner aktiven Fahrsicherheit trotz dieser Komfort-Einschränkungen ein zuverlässiger Partner. Hinterhältige Reaktionen auf Lenkbefehle liegen ihm fern.
So ist auch der subjektive Eindruck auf ebener und trockener Straße jederzeit von Sicherheit und Zuverlässigkeit geprägt.
Ein wenig Vorsicht ist im Regen und ohne Beladung geboten. Denn auch mit dem wirklich guten Allrad-Antrieb verliert die Hinterachse unter Last ( wir denken zusammen mal an die 350 Nm) kombiniert mit Kurven, gerne kurz die Seitenhaftung und fordert die serienmäßige Antriebsschlupfregelung zur Arbeit auf. Mit ein wenig Beladung auf der großen Pritsche sieht das sofort wieder anders aus. Hier wurde während des Testzeitraums keinerlei Eingriff des ESP bemerkt.
An dieser Stelle angemerkt sei die umfangreiche Sicherheitsaustattung die nicht nur das ESP in Serie liefert, sondern auch 6 Airbags. Man darf sich also nicht nur subjektiv, durch die hohe Sitzposition sicher wie in Abrahams Schoß über dem restlichen Straßenverkehr wähnen, sondern auch objektiv. Im NCAP Crashtest liefert der Mitsubishi dann auch ein 4 Sterne Ergebnis für die Sicherheit der Insassen ab. In der PickUp Klasse gehört der L200 sogar zu den Top-Modellen, was z.Bsp. die Unfallsicherheit beim simulierten Seitenaufprall betrifft.
Moderne Turbodiesel Motoren sind für sich gesehen, Kostverächter.
Im Umfeld von 2 to. Leergewicht, Allradantrieb, Automatik und den Offroad-Transporter-Genen wird der sparsame Umgang mit dem Treibstoff allerdings zur Herausforderung. Im Testverbrauch lag ich mit dem L200 noch knapp unter der magischen 10l auf 100km Grenze. Mitsubishi gibt im EU-Meßverfahren einen kombinierten Verbrauch von 9,4 l für die Kombination aus großem Diesel und automatischem Getriebe an. Überland oder auf Autobahn-Touren mit Tempomat-Nutzung ist jedoch auch ein Verbrauch von unter 8l/100km möglich. Es geht jedoch auch deutlich darüber. Wer auf längeren Autobahn-Strecken gerne Anschluss an die Kolonne der Vertreter-Mittelklasse-Kombis hält und die Höchstgeschwindigkeit von 175 km/h ausnutzt (Tacho Bergab mit Rückenwind und Heimweh auch über die Skala hinaus), der schafft es, den Verbrauch des L200 auch über 13l auf 100km steigen zu lassen.
Doch zurück zur Ausgangsfrage: Ist der Mitsubishi L200 nun eher ein Packesel oder eine Bergziege?
Weder noch. Der L200 ist wie ein guter Freund – verläßlich, belastbar und hilfreich in fast allen Situationen. Einer von der Sorte den man gerne um sich hat. Vor allem wenn es darum geht, große Aufgaben zu erfüllen.
Ganz egal ob als Kumpel für die Freizeit, zum ziehen von Booten, Motorrad-und Pferde-Anhängern. Oder als Kollege bei der Arbeit mit Lasten und groben Aufgaben. Auf den L200 und seine Fähigkeiten kann man sich verlassen.
Der große Dieselmotor wird nur in Verbindung mit dem „SuperSelect 4WD“ getauftem permanenten Allradantrieb und der Top-Ausstattung „Intense“ ausgeliefert und beträgt 31.190€. Das von mir gefahrene Modell hatte die 5-Gang Automatik zu 1.800€ mit an Board und war zusätzlich mit dem 2.000€ „Premium-Paket“ ausgestattet. Das Premium-Paket sorgt für Leder-Sitze (Nachbildung), Sitzheizung in der ersten Reihe und einem elektrisch verstellbaren Fahrersitz. Ebenso nur in der Intense-Variante lieferbar: Das elektrisch versenkbare Heckfenster.
Am Ende stehen – dank der Metallic-Lackierung für 610€ und dem Diesel-Partikelfilter für 650 € gesamt: 36.250 € auf der Rechnung. Das ist gegenüber dem Basismodell mit 128 PS, Einzelkabine und Heckantrieb für 18.990 € natürlich eine Hausnummer und nur ganz knapp unter 100% Aufschlag. Auf der anderen Seite ist die von mir getestete Ausführung des Mitsubishi L200 aber eben auch ein geländetaugliches Nutzfahrzeug mit der Fähigkeit, den Spagat zwischen alltäglichem Arbeitsumfeld im rauhen Handwerkergewerbe – und der Urlaubsfahrt mit der Familie und Wohnanhänger, quer über den Kontinent zu meistern.