Fahrbericht: Test: Audi A8 60 TFSI quattro
Mercedes S-Klasse, BMW 7er, Audi A8: Es sind diese Maßstäbe setzenden Luxuslimousinen, die den Mythos der deutschen Premiumhersteller weltweit (noch) befeuern. Selbst der überarbeitete, im Grunde aber „schon“ fünf Jahre alte A8 fährt fast allen anderen Fahrzeugen in Sachen Komfort, Verarbeitung und (alter) Technologie immer noch mühelos davon.
Wer mindestens 100.000 Euro für ein Auto ausgibt, will mit dem teuren Prachtstück vielleicht nicht unbedingt protzen, aber zumindest ein Fahrzeug auf der absoluten Höhe der Zeit haben. Das ist für die Hersteller von Luxuslimousinen nicht so einfach, denn nach einer gewissen Laufzeit fällt jedes Auto technisch und/oder optisch automatisch gegenüber neueren Wettbewerbern etwas zurück. Im Fall des Ende letzten Jahres modellgepflegten Audi A8, der 2017 sein Debüt feierte, hieß das konkret, gegen die wesentlich frischere, weil erst vor eineinhalb Jahren gestartete S-Klasse von Mercedes wieder auf Augenhöhe zu kommen.
Hinter dem etwas umständlich anmutenden Modellnamen unseres Testwagens – Audi A8 60 TSFI quattro – versteckt sich die Variante mit großem V8-Benzinmotor, der aus 4 Litern Hubraum satte 338 kW/460 PS generiert. Diese Zahlen machen schon deutlich, dass der Ingolstädter weder auf Spritersparnis noch auf sonstige Zurückhaltung ausgelegt ist.
Das zeigt sich auch an der Optik, die man zur Modellpflege zwar dezent, aber doch merklich überarbeitet und dabei offensichtlich nicht gerade in Richtung europäischem Geschmack angepasst hat. So etwa beim Kühlergrill, der noch breiter geworden ist und in Verbindung mit den markanteren Scheinwerfern nach Aufmerksamkeit zu heischen scheint. Das gefällt nicht unbedingt dem Geschäftsführer einer deutschen Aktiengesellschaft, wahrscheinlich aber schon dem zu Geld gekommenen Asiaten, der auf die Präsentation seines ökonomischen Erfolgs meist mehr Wert legt. Hier folgt Audi offensichtlich der BMW-Linie und deren immer klobigeren Grills, ohne es aber derart zu übertreiben wie die Münchner es manchmal tun.
Sehr gelungen ist die überarbeitete Seitenansicht, mit einer edlen, nach vorne leicht abfallenden Karosseriefalz auf Höhe der Räder. Das ebenfalls nur leicht veränderte Heck betont mit seinem durchgehenden Leuchtenband die Breite des Fahrzeugs, die mit 1,95 Meter ohne Außenspiegel sogar noch 3 Zentimeter üppiger ausfällt als die der S-Klasse.
Wie gut der Audi A8 schon vor fünf Jahren war, zeigt sich auch darin, dass der Innenraum kaum verändert werden musste und wie bei dieser Marke und speziell beim Flaggschiff zu erwarten mit allerbester Detailverarbeitung und Bedienfreundlichkeit überzeugt. Nur im direkten Vergleich mit dem Hauptwettbewerber aus Stuttgart merkt man, dass das Cockpit nicht so ultramodern wie bei der S-Klasse ausfällt. Aber das könnte für manchen, dem Monitor-Overkill überdrüssigen Selbstfahrer vielleicht sogar gerade ein Kaufgrund sein.
Natürlich ist der A8 nicht nur fein ausstaffiert, sondern verfügt als Flaggschiff der Marke und Ausweis deutscher Ingenieurskunst auch über alle gängigen technischen Helferlein, die es heute so gibt. Herauszuheben ist dabei das vorausschauende Fahrwerk, das Unebenheiten auf der Straße frühzeitig erkennt und die Luftfederung entsprechend und für jedes Rad einzeln vorbereitet. Neu ist eine Besonderheit in der Einstellung „Comfort+“. Bei Kurvenfahrten zwischen 80 und 130 km/h wird das Fahrzeug auf der kurvenäußeren Seite leicht angehoben, gegenüber leicht abgesenkt. So soll die Seitenneigung unterdrückt werden.
Auch im Audi A8 ist nun die neueste LED-Matrix-Technologie an Bord, die neben ihrer Grundaufgabe einer sehr guten Ausleuchtung noch einige Dinge zusätzlich beherrscht. So gibt es beispielsweise ein Spur- und Orientierungslicht. Mit dessen Hilfe kann sich der Fahrer etwa sicher durch eine enge Baustelle führen lassen.
Die Fahrt selbst, vor allem die Langstrecke, ist natürlich ein Vergnügen, man ist geneigt zu sagen: muss es bei einem Grundpreis von 120.500 Euro (plus etlichen Extras aus der über 100 Seiten langen Aufpreisliste) aber auch sein. Der V8 säuselt wahlweise bei geringen Drehzahlen und noch gerade angemessenem Verbrauch vor sich hin, oder er gibt bei stärkerem Gaspedaldruck den Sportler, sprintet in 4,4 Sekunden auf Tempo 100 und scheinbar mühelos weiter bis 250 km/h. Okay, letzteres nehmen wir einfach mal an, da wir mehr als 220 km/h nicht geschafft haben. Währenddessen weidet sich der Fahrer in seinem fantastischen Sitz am Vergnügen, über 2 Tonnen Gewicht mittels 660 Newtonmeter Maximaldrehmoment so leichtfüßig zu bewegen, als führe er einen Kleinwagen. Das größere Vergnügen hat allerdings auch seinen Preis. Mit an die 20 Liter muss der Schnellfahrer auf der Autobahn schon rechnen, wir benötigten trotz großer Zurückhaltung und „Gentlemen-Driving“ immer noch über 14 Liter.
Insofern könnte man ein Fahrzeug wie den Audi A8 für aus der Zeit gefallen halten. Weswegen er wahrscheinlich auch keinen direkten Nachfolger mehr erhalten wird. In rund drei Jahren wird Audi mit dem größenmäßig vergleichbaren Grandsphere ein rein elektrisches Modell auf den Markt bringen. Dann wird der der gerade überarbeitete, jetzt wieder frisch und modern wirkenden A8 wahrscheinlich auf einen Schlag ziemlich alt aussehen.
Viertürige, fünfsitzige Limousine der Oberklasse; Länge: 5,19 Meter, Breite: 1,95 Meter, Höhe: 1,47 Meter, Radstand: 3,00 Meter, Kofferraumvolumen: 505 Liter
4,0-Liter-Achtzylinder-Benziner; 338 kW/460 PS, maximales Drehmoment: 660 Nm bei 1.850 – 4.400 U/min, Allradantrieb, Achtgang-Automatik, 0-100 km/h: 4,4 s, Vmax: 250 km/h, Normverbrauch: 10,9-11,8 Liter/100 Kilometer, CO2-Ausstoß: 249 – 269 g/km, Abgasnorm: Euro 6d, Effizienzklasse: E, Testverbrauch: 14,4 Liter/100 Kilometer
Preis: ab 120.500 Euro
Kurzcharakteristik:
Warum: Komfort, Komfort, Komfort – wohin man schaut und fühlt
Warum nicht: die S-Klasse ist aktueller und im Innenraum deutlich moderner; der Praxisverbrauch ist schlicht zu hoch
Was sonst: eben jene S-Klasse oder doch lieber ein großes Elektroauto?
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