New Mobility: E-Auto-Werkstätten

Die Elektromobilität sorgt für einen Wandel in den Kfz-Werkstätten. Auch neue Qualifikationen sind gefragt – bei Unternehmen und Mechanikern.  

Der „Drei-Dreier“ ist ein gefragter Kollege. Je mehr Elektroautos künftig in die Kfz-Werkstatt rollen, desto dringender werden seine speziellen Fähigkeiten benötigt. Die Autobranche treibt die Ausbildung entsprechender Fachkräfte voran. Trotz Pandemie.  

Im Volvo-Hochvolt-Trainingszentrum im hessischen Dietzenbach hat man einen Großteil der Fortbildung mittlerweile ins Internet verlegt. Doch längst nicht alle Lernhinhalte lassen sich am Bildschirm vermitteln, weiß Sebastian Hillenbach, der Koordinator des technischen Trainings. Vor allem, wenn es an die Innereien des Akku-Packs geht, ist vorheriges Training nötig. Knapp 100 Kfz-Mechatroniker, -Mechaniker, – Elektriker und Karosseriebauer hat er daher seit 2020 vor Ort ausgebildet. Sie verfügen nun über die „Hochvoltqualifikation 3.3“.  

Die Drei-Dreier sind aber nicht die einzigen, die sich in der Kfz-Werkstatt mit E-Autos, Hybriden und Plug-in-Hybriden beschäftigen dürften. Bestimmte Arbeiten sind schon mit der „Hochvoltqualifikation 3.1“ erlaubt. Wer diese besitzt, darf das Auto spannungsfrei schalten (ein entsprechender Stecker findet sich versteckt in jedem E-Auto) und kann dann Reparaturen und Wartungen abseits des Hochvoltsystems durchführen. Mittlerweile haben 97 Prozent aller Volvo-Standorte in Deutschland mindestens einen „Drei-Einser“ auf der Lohnrolle. Bei anderen Herstellern mit E-Autos im Portfolio dürfte das kaum anders aussehen. Auch, weil der 3.1-Schein seit kurzem zur Ausbildung von Kfz-Mechatronikern zählt.  

„Drei-Dreier“ hingegen sind noch vergleichsweise selten: Lediglich in 27 Prozent der Volvo-Betriebe ist mindestens einer der Hochvolt-Experten zu finden. Er darf im Gegensatz zum „Drei-Einser“ die Batterie ausbauen, öffnen, vermessen und gegebenenfalls reparieren. Auch ein Austausch einzelner Module ist möglich. Weil das für Unkundige lebensgefährlich ist, sind diese Arbeiten den Qualifizierten vorbehalten. Ihre noch geringe Zahl hält man in Dietzenbach nicht für ein Problem. „Wir bilden bewusst langsam und parallel zum Hochlauf der E-Mobilität aus“, so Hillenbach. Ein zu hohes Qualifizierungstempo würde dazu führen, dass viele 3.3er zu wenig Praxis hätten, weil nach wie vor kaum Akku-Arbeiten im Betrieb anfallen. Damit würden sie ihre Fähigkeiten schnell wieder einbüßen. Aktuell sind die Hochvolt-Experten gut gebucht, notfalls wird auch mal zwischen Werkstätten getauscht oder eine mobile Mechaniker-Einheit angefordert.  

Für Volvo zumindest reicht die aktuelle Zahl der Fachkundigen aber – Fehler an der Batterie oder gar ernste Schäden sind selten. In den acht Jahren seit dem Start der Elektrifizierung bei der schwedischen Marken mussten dem Hersteller zufolge gerade einmal 20 Akkus getauscht werden. Klar ist aber auch, dass die Zahl der Reparaturen mit der wachsenden E-Autoflotte bald steigen wird.  

Auch die Autohäuser sind daher interessiert an der Hochvolt-Fortbildung für ihre Mitarbeiter. Längst gibt es auch bei Volvo in Dietzenbach eine Warteliste. Für die Händler sind die Kurse relativ kostengünstig, die Teilnahme-Gebühr ist in der Vertriebspauschale bereits enthalten, lediglich Unterkunft und Anreise müssen noch gezahlt werden.  

Auch die Kfz-Mechaniker sind motiviert. „In der Branche gilt das Schrauben am Akku als durchaus angenehme Tätigkeit“, so Hillenbach. Während der Kollege nebenan bei einem von Schneematsch verschmierten Kundenfahrzeug mit klammen Fingern die Reifen wechseln muss, steht der Hochvolt-Experte im Warmen und Trockenen. In größeren Werkstätten schützt ihn ein Glaskasten vor akustischen Störungen von außen, in kleineren Betrieben hält zumindest die vorgeschriebene Absperrkette Rempler und Ablenkungen fern, während er am verstellbaren Arbeitstisch in die Tiefen der Batterie vordringt. Viel mehr Ausrüstung ist übrigens nicht nötig, um als Werkstatt an E-Autos arbeiten zu können. Ein vierstelliger Betrag reicht für das nötige, nicht-leitende Werkzeug, die Prüfgeräte und das Absperrmaterial. Und natürlich für die zusätzlichen Sicherheits-Extras wie Elektriker-Handschuhe, Gesichtsvisier, Gummisohlen und den s-förmigen Rettungshaken aus Kunststoff. Denn bei aller Freude an der Arbeit – das Hantieren mit 400-Volt-Elektronik ist immer riskant. Ein Grund mehr für eine solide Aus- und Fortbildung. 

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