Ein Coupé das keines ist. Außerdem Frontantrieb und nur drei Zylinder. Ist das 2020 eingeführte 2er Gran Coupé noch ein echter BMW? Durchaus und irgendwie auch nicht.
Beim Namen 2er Gran Coupé möchte man eigentlich ausladende Proportionen und formvollendete Eleganz erwarten. Doch jetzt steht der vermeintliche BMW-Beau vor uns. Und enttäuscht. Mit den betörenden Linien klassischer Vertreter des Genres, die BMW seit Jahrzehnten etwa mit den zweitürigen 3er-Derivaten abliefert, kann das 2er Gran Coupé nicht ansatzweise mithalten. Angesichts von vier Türen zwischen A- und C-Säulen, den Anforderungen an Windschlüpfigkeit und Crashsicherheit oder einem quereingebauten Frontantrieb weicht sein Design doch ziemlich deutlich von der Ideallinie ab. Und dennoch vermag unser mit schicken Alus und auffälligem Lack verfeinertes Testexemplar immer wieder auch wohlwollendes Interesse wecken.
Für ein Coupé gut
Die eine Sache ist die Form, eine andere die Funktion. Ob man den über 4,50 Meter langen 2er als geräumig bezeichnen mag, hängt vom Blickwinkel ab. Für ein Coupé seiner Größe schlägt er sich gar nicht mal schlecht, doch angesichts der kompakten Antriebsplattform mit quer eingebautem Frontmotor darf man mit der Raumökonomie auch hadern. Vor allem im Fond, denn wer als Erwachsener durch die Öffnung der rahmenlosen Türen will, muss sich zunächst klein machen. Auf der Rückbank sitzen geht, doch bei Kniefreiheit und dem Entfaltungsspielraum für Beine und Schulter ist noch Luft nach oben. Der Mittelsitz auf der Rückbank ist selbst Kindern angesichts des wuchtigen Kardantunnels nur auf kurzen Strecken zumutbar. Der Kofferraum kann 430 Liter Gepäck aufnehmen, was im Alltag meist reicht.
In der ersten Reihe verwöhnt der 2er hingegen mit Prunk, Pracht und Platz. Mit dem Raumangebot kommen selbst große Fahrer zurecht. Außerdem genießen sie ein anspruchsvolles Premium-Ambiente. Das liegt selbstredend auch an der gehobenen Ausstattung unseres rund 47.000 Euro teuren Testexemplars, das mit schicken Materialien, Top-Verarbeitung und viel Technik verwöhnt. So blickt der Fahrer auf gleich zwei große Displays. Hinterm Lenkrad gibt es das digitale Kombiinstrument, rechts davon schmiegt sich ein feinauflösender Widescreen des vielseitig talentierten und mit modernen Konnektivitätslösungen gesegneten Infotainmentsystems an. Man ist im 2er nicht nur stets mit der Welt verbunden, sondern zugleich auch das eigene Smartphone mit dem Bordsystem, welches sich drahtlos in der Induktionsladeschale mit Strom vollnuckelt.
Assistenzsysteme reagieren vorbildlich
Der Fahrer kann sich im Gran Coupé besser als in vielen anderen Autos auf den Verkehr konzentrieren, denn fahrrelevante Informationen werden außerdem per Head-up-Display in die Windschutzscheibe projiziert. Die Suche nach einem Lautstärkeregler ist unnötig, denn es reicht, den rechten Zeigefinger in der Luft nach rechts oder links kreisen zu lassen. Außerdem hört die Sprachbefehl-Dame aufs Wort, während Regelsysteme warnen und korrigieren und so gefährliche Manöver des Fahrers aufgrund von Unachtsamkeit vorsorglich entschärfen. Bemerkenswert auch: Trotz einer coupéartigen Form endet das Dach des kleinen Gran Coupé in filigranen C-Säulen, hinter denen sich Radfahrer oder andere Verkehrsteilnehmer nur schwer dem Schulterblick des Fahrers entziehen können.
Neben der Sicherheit sind auch die fahrdynamischen Talente des 2er Gran Coupé auf eindrucksvollem Niveau. So wirklich vermisst man klassische BMW-Zutaten wie Heckantrieb oder souveräne Sechszylinder nicht. Den konzentrierten Fahrspaß der Marke erlebt man selbst mit halbierter Kolbenzahl und einem zudem auf die Lenkung Einfluss nehmenden Frontantrieb. Das sehr verbindlich in der Hand liegende Volant vermittelt jedenfalls ein sehr gutes Gefühl der Kontrolle, was immer wieder dazu animiert, Kurven mit etwas Würze zu nehmen. Dem Fahrer zaubern diese Momente entspannte bis freudige Züge in die Mimik.
Leistung nur „ausreichend“
Freude bereitet auch der 1,5-Liter-Benziner, den man vornehmlich als kultiviert wahrnimmt. Im Zusammenspiel mit dem optionalen Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe Steptronic drängt sich jedenfalls das charakteristische Dreizylinder-Timbre nur selten in den Vordergrund. Mit 100 kW/136 PS und 220 Newtonmeter Drehmoment ist zudem ausreichend Leistung vorhanden. Besonders im per Knopfdruck aktivierbaren Sportmodus macht der 2er längsdynamisch Laune: Der Sprint auf 100 km/h ist in 9,1 Sekunden erledigt, auf Wunsch sind 215 km/h drin, die man mit ein wenig Anlauf auch problemlos erreicht. Selbst bei sehr hohem Reisetempo bleiben die Windgeräusche moderat, während das Fahrzeug außerdem sehr vertrauenerweckend ein stets gutes Gefühl von Kontrolle und Verbindlichkeit vermittelt. Unangenehme sportliche Härten bleiben dennoch aus. Der Komfort ist einer Premium-Limousine absolut angemessen. Der Verbrauch bleibt hingegen bescheiden: Auf längeren Autobahntouren mit Tempomat 130 kamen wir mit rund sechs Litern hin, wer es eiliger hat, muss mit Werten um sieben Liter rechnen.
Fahrspaß à la BMW hat selbst in den unteren Klassen der Marke einen stolzen Preis. Mit dem Automatikgetriebe sind es für den 218i Gran Coupé bereits 35.800 Euro. Ein paar Extras müssen allerdings her, was ziemlich sicher den Preis über die 40.000-Euro-Marke treiben wird.
Technische Daten
Viertürige, fünfsitzige Coupé-Limousine der Mittelklasse, Länge: 4,53 Meter, Breite: 1,80 Meter (Breite mit Außenspiegeln: 2,08 Meter), Höhe: 1,42 Meter, Radstand: 2,67 Meter, Kofferraumvolumen: 430 Liter
1,5-Liter-Dreizylinder-Turbo-Benziner: 100 kW/136 PS, maximales Drehmoment: 220 Nm bei 1.500 – 4.100 U/min, Frontantrieb, Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, 0-100 km/h: 9,1 s, Vmax: 215 km/h, Verbrauch: 4,9 l/100 km, Testverbrauch: 6,2 Liter, CO2-Ausstoß: 114 g/km, Abgasnorm: Euro 6d, Effizienzklasse: A, Preis: ab 35.800 Euro
Kurzcharakteristik
Warum: weil eine Limousine mit Trapezdach zu langweilig aussieht
Warum nicht: unharmonische Proportionen, stolzer Preis
Was sonst: Mercedes CLA, Audi A3 Limousine