Inhalt des Artikels im Überblick
ToggleÜber 50 Jahre baut FORD bereits den legendären Mustang. Aber wir mussten lange auf ihn warten. Zu ungehobelt? Zu derbe? Zu durstig? Die Gründe, uns den Mustang vor zu enthalten, können vielfältig gewesen sein – aber sie sind endgültig Geschichte. Seit dem letzten Jahr gibt es das legendäre „Pony-Car“ nun auch ganz offiziell beim Ford-Händler. Die Zeit der US-Importe ist damit vorbei. Doch was kauft man sich da eigentlich? Ein Stück US-Kultur?
US-Boy sucht Fan
Test Ford Mustang 5.0 GT
Das Design des Mustang ist eine stete und vor allem sehr gelungene Evolution des klassischen Pony-Cars. Ohne die eigene Historie zu verleugnen, erfindet sich der Mustang dennoch immer wieder neu. Zwei Türen, ein flaches Dach, eine lange Motorhaube und mit 4,80 Metern alles, nur nicht klein. Unter der langen Haube gibt es eine Alternative. Es muss eine Entscheidung getroffen werden. Ein 2.3 Liter Vierzylinder – oder? ODER! Immer oder! Der Mustang braucht den V8, er will den V8. Auch wenn ein kleiner Vierzylinder mit Turboaufladung sparsamer sein könnte. Der V8 gehört zum Mustang.
Klare Botschaft
Die Grundform des Mustang, das stramm und sportlich auf der Gasse stehende Coupé, ist eine klare und deutliche Ansage. Da muss man sich nicht weiter in die Details begeben. An der Flanke weist eine 5.0 auf die inneren Werte hin. Nur die Ford-Pflaume, die verkneift man sich. Selbst am Kühlergrill prangt nicht das Ford-Logo, sondern ein Pferd im vollen Galopp, mit wehendem Schweif. Der Mustang. Kein Pony!
Die Ansage ist jedoch auch im Innenraum recht deutlich. „This is ‚america“. Da sieht dann verchromtes Plastik eben auch aus wie verchromtes Plastik. Und hartes Plastik ist hartes Plastik. Über die Verarbeitung lässt man sich auch nicht aus. Aber immerhin, die Show stimmt. Die Cockpit- und Ambientebeleuchtung lässt sich in drölfzig verschiedenen Farben einstellen, im „My Colour“-Modus sogar mit ganz individueller Note. Und wer im Dunkeln die Türen öffnet, dem wird das Mustang-Zeichen auf den Asphalt oder Bordstein geworfen. Show muss sein.
Dass er die ganz große Show unterstützt, zeigt das „Line-Lock“ Feature. Modus aktiviert und der Mustang blockiert nur die Vorderachse. Die Hinterachse darf dann im Burn-out die edlen Pirelli P Zero in Rauch verwandeln. Wozu das gut ist? Na – fragen Sie mal ihren 18-Jahre alten Junior …
Hier spielt die Musik
Es geht eben nichts über Hubraum. Und 5 Liter sind etwas, damit kann man dann auch arbeiten. Dem Achtender ist die Lebensfreude in den Block gegossen. Der Sound alleine ist die unfassbare Show. „Goosebumps“ nennt der Amerikaner die „Hummel-Titten“ auf dem Arm. Emotionen sind Klang, Klang ist emotional. Und das passt beim Ford Mustang. Der V8 reagiert ungewohnt leichtfüßig auf den Fahrerwunsch nach Drehzahl. Mal eben die Drehzahlmesser-Nadel schwindlig drehen lassen. Dem V8 alter Schule ist selbst das nicht fremd. Untermalt vom Brummel-Brabbel-Jubel-Sound des V8-Motors. So kann man das machen.
Es gäbe da eine Automatik. Echte Männer aber, die schalten von Hand.
Selbst wenn es ein wenig widerborstig ist, wie im Ford Mustang. Man verspürt die massiven Kräfte, die sich bewegen lassen müssen. Einfach mal locker die Kupplung lupfen? Durchaus nicht ganz simpel. Der Mustang spielt im Bereich Schaltung und Getriebe den Macho. Lässt seine Gene durchblicken.
Doch wie könnte man ihm bei diesem Klang irgend etwas übel nehmen? Sein Durchzug ist klassisch in Richtung Drehzahl orientiert. Man ist von den vielen Turbodiesel und deren Drehmoment-Fülle schlicht versaut, kurz kommt der Gedanke auf: Wozu sollte man sich auf einen Saugmotor-V8 einlassen, wenn Turbomotoren heute einfach alles besser können? Und dann vibriert ab gut 160 km/h auch noch die Motorhaube. Es ist viel Wind, der sich da irgendwo sammelt und dem Fahrer von Potentialen in der Aerodynamik berichten will. Doch wozu der Feinschliff, wenn man unter der Haube mit 421 PS und 530 Nm protzt?
Der Doppel-Whopper
Die vibrierende Motorhaube gehört zu den Punkten, die man einfach akzeptiert. Geschenkt. Dass der Mustang aber bei Tempo 260 über eine Bodenwelle hüpft wie ein schlecht getunter Golf GTI , ist bedenklich. Es gibt da eine Stelle auf der Autobahn A3 zwischen Flughafen-Frankfurt und Aschaffenburg, da stellt sich eine Querfuge in den Weg des ambitionierten Linke-Spur-Piloten. Es gibt Autos, die bringen bei 260 km/h dort nicht mal die Wimpern zum zucken. Der Mustang drückt sich kurz in die Federn, verliert dann ein wenig Traktion, die Traktionskontrolle will regulierend eingreifen und würgt dem Motor gleich einmal die ganze Leistung weg. Der Fahrer hängt sich derweil in die Gurte. Schafft das Vertrauen? Auf jeden Fall zeigt es wieder, in welche Richtung der Mustang geht. Wer ihn zügig bewegen will, braucht Eier. Punkt.
Fünf Fahrmodi lassen sich beim Mustang abrufen, Normal, Sport, Sport plus und Rennstrecke sowie Schnee/Nässe. Wer sich daran versucht, verstellt die Parameter für Lenkung, Gasannahme, Schaltzeitpunkte und ESP-Auftrag. Wobei die Übersetzung für „Track“ (Rennstrecke) mit dem Begriff Gelände im Testwagen noch immer den gleichen Fehler enthielt wie bereits im vergangenen Jahr zur Premiere des Ford Mustang in Deutschland.
Doch es muss nicht immer schnell sein. Souveränes Cruisen beherrscht der mittlerweile meistverkaufte Sportwagen der Welt ebenso. Das zügelt auch ein wenig den Durst des wilden Pferdes, der sich während unseres Tests zwischen 11,9 und 16,6 Litern pro 100 Kilometer bewegte und damit streckenweise sogar unter dem Normverbrauch.
Die Starrachse ist zwar nicht mehr an Bord – aber auch die Einzelradaufhängung ist eher für den US-Style of Drive entwickelt. Dafür kommen die deutschen Ford Mustang in Serie mit dem Performance-Paket. Das besitzt nicht nur die modifizierte Fahrwerksabstimmung, zusätzliche Streben im Motorraum und einen größeren Stabi an der Hinterachse, sondern auch die standfeste Brembo-Bremsanlage.
Beim schnellen Ausflug über winklige Landstraßen fehlt dem Mustang ein wenig das Feingefühl in der Lenkung. Vor allem in der Mittellage lässt sich kaum feststellen, was nun genau das Zentrum ist. ESP off und das Thema mit der Mittellage ist eh Geschichte. Der Mustang lässt sich dank seines aggressiv am Gas hängenden V8 im Prinzip zu jeder Zeit einfach quer um die Ecke werfen. Dass der Mustang kein Leichtgewicht ist, es spielt beim Quertreiben keine so große Rolle.
Fazit
Er ist eine Ikone. Er bleibt eine Ikone. Und wäre der Innenraum nicht mit den üblichen Unzulänglichkeiten gesegnet, wäre er übersichtlicher, leichter zu schalten und weniger durstig – es würde dennoch nicht mehr Spaß machen. Der Mustang lebt von seinem V8 und wer sich für die Ikone entscheidet, der kann nur eine Wahl treffen: Handschalter + V8. Punkt.
[toggle title=“Motor und Getriebe“]
Ford | Mustang GT 5.0 |
Motor | V8, Saugmotor, Direkteinspritzer |
Hubraum | 4.951 ccm³ |
Leistung | 421 PS @ 6.600 U/min |
Kraft | 530 Nm @ 4.250 U/min |
Getriebe | 6-Gang Getriebe, manuell |
Antriebsachse | Heckantrieb, mech. Differentialsperre |
[/toggle]
[toggle title=“Abmessungen und Fahrleistungen“]
Länge, Breite, Höhe | 4.78, 1.91, 1.38 |
Radstand | 2.720 mm |
Leergewicht | 1.720 kg |
Wendekreis | 12,2 m |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h |
Beschleunigung 0-100 km/h | 4,9 sec |
Normverbrauch | 13,5l /100 km |
[/toggle]
[toggle title=“Verbrauch im Test“]
Alltagsfahrer | 12-13 l / 100 km |
Öko-Experte | 9,2 l / 100 km |
Außendienst-Modus | 21 l / 100 km |
Neue Normrunde (klein) | 10,8 l / 100 km |
[/toggle]
(Fotos: Ford)