Fahrbericht: Mercedes-Benz S400 Hybrid

Elektrisch los surren. Das geht. Vorsichtig und mit gedämpftem Elan. Aber es geht. Weil eine S-Klasse aber an sich schon ein sehr leises Auto ist, ist der Verzicht auf den Einsatz des Benziners im S400 Hybrid irgendwie nicht ganz so faszinierend wie in anderen Hybrid-Automobilen. Das ist dann einfach die Last eines bereits mehr als komfortablen Autos. Da wird es schon schwierig, die Vorteile des fast lautlosen E-Motors und die Abwesenheit von Vibrationen zu feiern. Eine normale S-Klasse, gerade als S500, ist kaum lauter, vibriert kaum mehr als dieser S400, den man mit sanftem Zehenspiel von der Ampel wegfahren lässt.

Der Vorteil des Hybrids muss sich also woanders verstecken.

Im besten Auto zu einem besseren Menschen?

Mercedes-Benz S400 Hybrid. Das Beste ist nicht gut genug.

Kaum vorstellbar, aber die technisch doch eher komplexe Hybrid-Version der S-Klasse ist in der Preisliste der Stuttgarter Oberklasse derzeit der günstigste Benziner. Dabei bringt er nicht nur den 3.5 Liter V6-Benziner und die 7-Gang Automatik mit, sondern auch einen schmalen scheibenförmigen Elektromotor mit 20 kW, der seine Heimat zwischen Benziner-V6 und Automatikgetriebe gefunden hat. Neben der Funktion als Elektromotor übernimmt diese Dynamo-Scheibe zudem die Arbeit des Anlassers und der Lichtmaschine.

Nun sind die 20 kW zwar in der Lage, den Wagen elektrisch anzutreiben, aber nur wenn der Fahrer mit viel Sensibilität am Gas hantiert und bei überschaubarer Wegstrecke. In der Stadt –  von der Ampel weg – geht es kurz elektrisch, dann schaltet sich der Benziner dazu. Was die S-Klasse dafür gut kann, ist das “Segeln”. Vom Gas gehen, der Benziner schaltet sich aus, das Getriebe in den Leerlauf – die S-Klasse segelt dahin. Wer nun mit viel Gefühl am Gaspedal spielt, der hält für einige Zeit die Geschwindigkeit nur per E-Antrieb. Der Vorteil in der Geräuschentwicklung ist dabei allerdings, wie eingangs erwähnt, überschaubar. Die S-Klasse an sich ist einfach schon derart leise, derart gedämpft, derart komfortabel, der Verzicht auf den 306 PS starken V6-Benziner bringt nicht wirklich ein Komfortplus.

[one_half] [=”notification_mark” ]Die Basics:
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  • 2 Wochen im Test
  • 2.822 Testkilometer 
  • Basispreis: 86.334,50 €
  • Testwagenpreis: 125.061 €
[/star_list] [/one_half] [one_half last=last] [=”notification_mark” ]Der Testverbrauch:
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S400 Hybrid Fahrbericht

Kein Plus – eher ein Minus

Der Verbrauch. In Summe stehen 333 PS an Leistung zur Verfügung. Die S-Klasse gilt derzeit als das komfortabelste Fahrzeug in ihrer Klasse. Sie verwöhnt die Insassen mit einer Hot-Stone-Massage (optional), klingt im Innenraum auf Wunsch wie ein Opernsaal oder ein Rock-Konzert in der ersten Reihe (Burmester-Anlage), schottet einen vom widrigen Alltag ab (Doppelverglasung), läuft bei Tempo 250 km/h in den elektronischen Begrenzer und spurtet binnen 6.8 Sekunden auf Tempo 100. Und dennoch – im Alltag sind knappe 9 Liter auf 100 Kilometer machbar, ohne sich deswegen kasteit zu fühlen. Wer es darauf ankommen lässt und sich vom grünen Energiefluss im Display animiert fühlt, der schafft eine niedrige 7, eine hohe 6. Und hier sprechen wir über Liter Benzin je 100 Kilometer. Eine Sache, die man vor einigen Jahren für unmöglich gehalten hätte. Es ist nicht lange her, da hat eine über 300 PS starke S-Klasse gute 15 Liter auf 100 Kilometer verschlungen, ohne dass deswegen irgendwer mit den Augen gerollt hätte. Das war eben so. Leistung, Luxus, Lust – das kostet.

Das kann auch der S400 Hybrid noch immer. Wer die S-Klasse so bewegt, wie es in den Stammbaum des großen Stuttgarters geschrieben wurde – also mit Tempomat 200 über eine lange Distanz – der bläst auch schnell mal 16 Liter (auf 100 km) durch die sechs Brennräume und verändert dabei deren Aggregatzustand von flüssig in gasförmig. Nun mag man geneigt sein zu sagen: Was bringt denn der Hybrid-Antrieb bei dieser Hatz?

Nix. Bis sehr wenig.

Der E-Motor arbeitet im Schubbetrieb als Generator, einem Fahrrad-Dynamo nicht unähnlich und wer nicht segelt, sondern leicht das Bremspedal antippt, der lässt den Generator zum Kraftwerk werden. So sammelt die S-Klasse überflüssige Kraft ein, wandelt die nicht mehr gebrauchte Bewegungsenergie in Strom und speichert diese in ihrem Lithium-Ionen Akku. Diese Lithium-Ionen Akkus sind von Haus aus eher leicht, in der S-Klasse S400 Hybrid aber auch nicht allzu groß. Damit wären wir wieder beim Start. Weil der Akku nicht besonders groß ist, hält der Vorrat an elektrischer Energie nie lange an. Dafür bringt der E-Motor ab der ersten Rotation feine und nützliche 250 Nm Drehmoment mit. Das hilft dem frei Saugenden –  der V6 in der S-Klasse ist nämlich der “alte” 3.5 Liter Sauger – ein wenig über sein überschaubares Drehmoment-Angebot hinweg. Mercedes nennt es boosten und das ist es,  was der E-Motor gut kann. Er unterstützt den Benziner beim Beschleunigen. Und er sammelt überflüssigen Schwung wieder ein.

Alltags-Situationen

Kurz rein elektrisch aus der Parklücke, dann springt der Benziner an, zieht am S400 und gemeinsam drücken E-Motor und Benziner die S-Klasse in den Berufsverkehr hinaus. Das klappt erst einmal sehr gut. Wer sich aber konzentriert, wer anfängt sich von der möglichen Sparsamkeit des dicken Dings challengen zu lassen, der bemerkt die holperigen Übergänge zwischen E-Motor, Benziner und deren unterschiedlichen Strategien bei der Zusammenarbeit. Andere können das deutlich besser. (Kurzer Blick nach Japan..)

Rein in die Ortschaft, leicht auf der Bremse. Das Gefühl auf dem Bremspedal ist gut – der Unterschied zwischen der ersten Rekuperation des e-Motors und dem Anpacken der Bremsklötze an die Scheibe ist fein abgestimmt. Da wirkt nichts künstlich. Die klassische Ortsdurchfahrt schafft die S-Klasse im rein elektrischem Betrieb. Und das fasziniert schon. Aber nicht wegen der Ruhe, sondern eher, weil es eben möglich ist.

Auf der Autobahn fängt der V6 dann an, sich bemerkbar zu machen, zumindest dann, wenn der Wunsch nach “ordentlich Schub” geäußert wird. Wer das Gaspedal durch den hochflorigen Teppich wanzt, der erlebt einen zornig drehenden V6-Saugmotor. Das ist hart an der Grenze zum Verlust der Contenance. So richtig melodisch wirkt er nicht und ohne Turbohilfe fehlt ihm auch der Schub. Das soll ja die Elektroscheibe richten. Bei Tempo 140 zum Sprint ansetzen, ist da jedoch nicht mehr im Lastenheft vermerkt gewesen.

Der Hybrid-Schriftzug am Heck des Testwagens nimmt einem ein wenig die Last des Luxus ab. Große Autos. Spritschlucker. Böse Menschen. Diese Gleichung gibt es ja doch immer mal wieder. Und natürlich schwirrt dieser Gedanke im Hinterkopf – der Hybrid hilft die Last zu minimieren. Sollen es die anderen ruhig sehen. Ja – diese S-Klasse kostet in der Serie zwar gute 86.000 € und als Testwagen mit der entsprechenden Ausstattung dann schon eher 125.000 € – aber hey, ich übe mich in Zurückhaltung. “Kleiner” V6 und e-Motor anstelle von V12-Bi-Turbo und Maximum-Attack.

Der Drehzahlmesser mit "Charge"-Bereich. Darin sichtbar: Wie stark der S400 Hybrid rekuperiert.
Der Drehzahlmesser mit “Charge”-Bereich. Darin sichtbar: Wie stark der S400 Hybrid rekuperiert.

Komfort-Wumms

Was der Antriebsstrang bei mir nicht so richtig geschafft hat, übernahm der Fahrkomfort, der Sitzkomfort, dieses allgemeine Level des Wohlsein an Bord der neuen S-Klasse. Es gibt derzeit kein Auto mit besseren Sitzen. Es gibt kein Auto mit einem besseren Langstreckenkomfort – mal eben 1.000 km am Stück abreißen? Eine Wohltat. Sitzmassage an, Sitzklima an, die Soundanlage (auch ohne Burmester schon eine Wucht) an und ab geht der Wohlfühl-Express.

s-klasse Hybrid gefahren

Fazit:

Das “beste Auto der Welt” ist beim Thema Hybridantrieb – zumindest derzeit – nicht die beste Wahl. Der Test über knapp 3.000 km war nicht völlig überzeugend. Zu oft spürte man den Wechsel der Antriebsform, zu unharmonisch der Übergang zwischen E-Motor, Benziner, zwischen Boosting und Rekuperation. Man wird auch nicht zu einem “besseren Menschen”, nur weil man einen Hybriden gekauft hat. Gleichwohl erzieht der S400 seinen Fahrer zu einer effizienten Gangart.

Sobald es um die klassischen Qualitäten der S-Klasse geht, wie Sitzkomfort, Fahrkomfort und das Talent für die große – ich meine wirklich große – Reise, dann punktet auch der S400 Hybrid. Das hat er allerdings nicht seinem Antriebsstrang zu verdanken. Denn das sind Fähigkeiten, die jede S-Klasse mitbringt.

 

[tabgroup] [tab title=”S500 Plugin Hybrid”]In einigen Tagen wird Mercedes-Benz der Presse die Möglichkeit geben, den neuen Plugin-Hybrid S500 zu fahren. Im Gegensatz zum S400 Hybrid bekam der S500 Plugin nicht nur den V6-Motor mit Turboaufladung, sondern auch ein größeres Batteriepaket. Damit ist dann, dank Aufladung zu Hause an der Steckdose, eine Reichweite von bis zu 35 Kilometer rein elektrisch möglich. Zudem sollen bis Tempo 140 km/h die Zündkerzen schweigen. Damit das geht, erstarkte der Elektromotor auf 85 kW. Bestellen kann man diesen großen Hybriden bereits. Sein Basispreis? Mit 108.944,50 € bereits über der magischen 100.000 € Hürde. [/tab] [tab title=”S350 BlueTEC Diesel”]Einen Hybriden kauft man, weil man sparen will. Allerdings ist es mit dem kleinen e-Motor und der überschaubaren Batterieleistung gar nicht so leicht, wirklich sparsam zu sein. Wer zudem mehr als nur Stadtverkehr fährt, der wird vermutlich mit dem S350 BlueTEC Diesel glücklicher werden. Hier stehen stolze 620 Nm zur Verfügung und der NEFZ-Normverbrauch fällt sogar unter die 6 Liter (je 100 km) Marke.

 

Der S350 BlueTEC ist  knapp 6.000 € günstiger als der S400 Hybrid.[/tab] [tab title=”Hybrid erklärt”]Mild-Hybrid, Voll-Hybrid, Plugin-Hybrid? Toyota hat für den Prius vor einigen Jahren die Begrifflichkeit: “Voll-Hybrid” geprägt. Damit war gemeint, dass ein solches Fahrzeug rein elektrisch anfahren kann. Die anderen Hersteller haben es tapfer übernommen und sobald ein Hybrid nicht elektrisch anfahren konnte, war er ein Mild-Hybrid. Plugin-Hybriden sind den “Voll-Hybriden” sehr ähnlich. Dank größerer Batterien und der Möglichkeit zur Ladung per Stecker (plugin), schaffen diese Voll-Hybriden jedoch weitere Wegstrecken im rein elektrischen Modus. Der S400 Hybrid ist ein “Voll-Hybrid” und der S500 Hybrid wird der “Plugin-Hybrid” werden. Einen “Mild-Hybrid” gibt es im S-Klasse-Programm nicht.[/tab] [/tabgroup]

 

 

Der Fahrzeugschein:
Hersteller: Mercedes
Typ: S 400 Hybrid
Klasse: Oberklasse
Motor: V6
Getriebe: 7G-Tronic Plus
Antrieb: Heck
Hubraum: 3.498 ccm
Leistung / Leistung (E-Motor): 306 PS (225 kW) / 27 PS
Drehmoment: / Drehmoment (E-Motor): 370 Nm / 250 Nm
Gewicht Fahrfertig: 1.925 kg
Von 0 auf 100: 6,8 s
Höchstgeschw.: 250 km/h
Verbrauch (NEFZ): 6,3 Liter
CO2-Ausstoß (NEFZ): 147 g/km
Emissionsklasse: EU 6
Effizienzklasse: A
cW-Wert: 0.26
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