Mit dem RAM 1500 TRX durch Bayern

Gegen ihn sind selbst ein Porsche Cayenne Turbo ein Öko, ein Maybach GLS ein Kleinwagen und ein Lamborghini Hurracan ein dezentes Auto. Denn der Ram 1500 TRX ist in jeder Hinsicht ein Auto der Extreme. Erst recht, wenn er nicht durch Texas oder Nevada kurvt, sondern durchs Voralpenland.

Der Wilde Westen ist überall – zur Not sogar in und um München. Zumindest, wenn man im richtigen Auto sitzt. Denn es braucht nur einen Wagen wie den RAM 1500, dann sieht selbst das Allgäu verdächtig nach Arizona aus, die Phantasie schlägt der Pandemie ein Schnippchen und mit jedem Gasstoß kommt man Amerika ein bisschen näher.

Pick-Up als Sportversion

Und Gas geben, das geht leicht im Ram 1500. Denn der Pick-Up, den der offizielle Stellantis-Importeuer AEC für Preise ab 119.000 Euro in diesem Sommer nach Europa holt, ist nicht der gewöhnliche Pritschenwagen, der hinter dem Ford F-150 und dem Chevrolet Silverado traditionell auf Platz Drei der US-Charts steht. Wir sitzen in der Sportversion RAM 1500 TRX. Entwickelt als überfällige Antwort auf den legendären F-150 Raptor, von dem Ford in den USA mehr verkauft als Porsche von allen Modellen zusammen, wird er vom Last- zum Lustkraftwagen und fühlt sich an wie ein Mercedes Actros mit AMG-Tuning.

Zum imposanten Format von knapp sechs Metern Länge und mehr als zwei Metern Höhe und zu Reifen groß wie bei einem Muldenkipper kommt hier deshalb auch noch ein Motor, der alles in den Schatten stellt, was der nüchterne Nutzfahrzeug-Markt zu bieten hat. Weil Geld bei diesem Projekt offenbar keine Rolle spielte und nur viel auch wirklich viel hilft, hat sich RAM des legendären V8-Motors aus dem Dodge Hellcat bedient und unter der Haube ein 6,2 Liter großes Kraftwerk samt eines gewaltigen Kompressors installiert. Platz genug dafür bietet so ein Pick-Up ja. Statt bislang maximal knapp 400 PS mit dem 5,7 Liter großen Hemi-V8 leistet der Ram 1500 damit nun 711 PS und wird zum stärksten Serien-Pickup der Welt. Und weil damit auch noch fast 900 Nm einhergehen, fallen auch die 2,5 Tonnen des 1500ers buchstäblich nicht mehr ins Gewicht. Noch ehe der Fuß das riesige Fahrpedal berührt, haben die sich in Wohlgefallen aufgelöst und während der Ram mit seinen qualmenden 35-Zöllern zum Schwarzmaler wird, schiebt die Fuhre voran, dass es dem Fahrer den Atem verschlägt. Wären die Puste nicht noch vom Aufstieg knapp und die Sinne von der schieren Höhe schwummrig, würde es spätestens mit dem ersten Kickdown gefährlich fürs Gemüt, so brachial fühlen sich die weniger als fünf Sekunden für den Sprint auf 100 an. Und maximal 190 km/h wirken in einer Dampfwalze wie dieser auch ein bisschen imposanter als Vollgas in jedem Porsche. 

Genug Platz für die Verpflegung

Während man dabei in einem gewöhnlichen Sportwagen eng gestaucht unter einem flachen Dach in knapp geschnittenen Schalensitzen kauert und mit dem Allerwertesten fast am Asphalt schleift, thront man hier auf einem bequemen Ledersessel über den Dingen. Es gibt mehr Platz als in einem Münchner Studentenappartement, mehr elektrische Helfer als in einer E-Klasse und größere Bildschirme als daheim im Büro. Und in die Mittelkonsole passt mehr Dosenbier als eine Oktoberfest-Kellnerin in Maßkrügen tragen kann.

Zwar fängt das Auto alle Blicke und wird so zum ungekrönten König der Flaniermeilen, doch das Fahren ist eine andere Sache: Auf dem Highway mag der Ram ein kommoder Cruiser sein, in der Prärie wird er zum Lustkraftwagen und selbst im Dickichte einer amerikanischen Downtown sollten die Straßen breit genug sein für so einen Koloss. Doch der Feierabendverkehr in München wird zu einer schweißtreibenden Angelegenheit, selbst wenn die anderen Verkehrsteilnehmer freiwillig einen gewissen Respektsabstand einhalten, und auf der Autobahn sortiert man sich zumindest in den Baustellen und auf Brücken besser bei den Trucks ein, damit die riesigen Kotflügelverbreiterungen nicht am Beton der Fahrbahnteiler kratzen. Selbst auf der Landstraße ist ein wenig Vor- und vor allem Weitsicht geboten, weil der Wendekreis des Dickschiffs an einen Ozeandampfer erinnert und die Bremsen an den 2,5 Tonnen bei allem Biss schwer zu kauen haben.

In München ist leider keine Wüste…

Nur abseits des Asphalts ist der Ram nicht aufzuhalten: Mit schier endloser Bodenfreiheit und noch mehr Federweg für jede Welle im Boden gewappnet, mit 80 Zentimetern Watttiefe auch von der Isar nicht aufzuhalten und mit Unterwäsche aus Schwermetall gegen allen Grundkontakt gefeit, braucht es weder eine sonderlich präzise Lenkung noch besonders bissige Bremsen, sondern nur einen schweren Gasfuß und einen mutigen Fahrer – Augen zu und durch lautet da die Devise, während die Elektronik nach Bocksprüngen für eine unverspannte Landung sorgt und der hartgesottene Allrad für immerwährende Traktion. 

Dummerweise ist die Wüste selbst am Steuer eines Rallye-Pick-Ups weit und so schlecht sind die Straßen rund um München jetzt auch nicht, als dass man die Vorzüge des RAM1500 TRX wirklich auskosten könnte. Doch allein der verständnislose Blick der anderen ist es wert, sich mit diesem Auto durch eine Innenstadt zu quälen, das freundliche Lachen des Tankwarts, wenn der Durchlaufzähler bei über 20 Litern Verbrauch und 125 Litern Tankvolumen einen Drehwurm bekommt, und das ungläubige Staunen des Sportwagenfahrers in der zweiten Spur, dessen Weltbild dieser Koloss mit einem Kickdown zum Wanken bringt. Natürlich sind die 119.000 Euro aufwärts, die der offizielle Importeur AEC für den 1500 TRX veranschlagt, eine stolze Summe. Doch ist einem dafür mehr Aufmerksamkeit gewiss als in jedem sehr viel teureren Sportwagen. Und immer wieder erlebt man damit Momente, die schier unbezahlbar sind. Erst recht, wenn der Lastkraftwagen auf Abwegen im Allgäu fährt statt in Arizona.

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