Nürburgring: Verraten und verkauft!

Der Nürburgring soll in russische Hände fallen. Ein Konsortium aus Oligarchen und Superreichen hat sich bereits zwei Drittel der Anteile gesichert und übernimmt das Kommando am Ring. Damit wird von allen möglichen Perspektiven für den Ring eine der allerschlimmsten Wirklichkeit. Die Hoffnung, dass solche Investoren irgendeine Rücksicht auf die bestehenden Verhältnisse nehmen werden, ist gering. Fassungslos muss man zusehen, wie eine Handvoll Menschen ohne Skrupel den altehrwürdigen Nürburgring zum Spielball der Superreichen machen. Ein Kommentar von Dieter Weidenbrück

Nach langen Jahren der Fehlentscheidungen und stümperhaften Versuche, dem Nürburgring eine Zukunftsperspektive zu schaffen, hätte man erwarten können, dass irgendwann einmal Ruhe einkehrt. Der Käufer Capricorn als ortsansässiger Autozulieferer mit Motorsportbeziehungen sollte alles richten. Doch weit gefehlt: der Verkauf drohte, zu einem finanziellen Fiasko zu werden. Und genau in diesem Moment zieht Robertino Wild seine Trumpfkarte. Der als motorsportaffiner Visionär, Malu Dreyers Wunschkandidat und ganz besonders als Nicht-Heuschrecke, Nicht-Scheich und Nicht-Oligarch propagierte Wild zaubert ein russisches Konsortium aus bekannten Oligarchen und Superreichen aus dem Hut und legt damit alle aufs Kreuz. Da verschlägt es einem wirklich die Sprache.

Fassungslos ist man angesichts des Verhaltens der Landesregierung. Sie trägt die Verantwortung für die Zustände am Nürburgring, auch wenn sie heute so auftritt, als wäre das Desaster irgendwann einmal vom Himmel gefallen. Es ist die jetzige Ministerpräsidentin Dreyer, die verantwortlich ist für den unsäglichen Verkaufsprozess, in dem der Wunschkandidat Capricorn in recht transparenter Form zum Käufer gemacht wurde. Immer wieder wurde betont, dass es keine reichen Leute als Käufer geben werde, die den Nürburgring in einen Privatspielplatz umwandeln könnten. Keine Scheichs, keine Oligarchen. Das größtmögliche Angstszenario für Motorsport und Region: völlig ausgeschlossen, das werde man zu verhindern wissen. Aber jetzt sind sie da, Frau Dreyer, die Superreichen, und alles, was der Landesregierung bisher dazu einfällt, ist Zustimmung und der Satz von Roger Lewentz, dass man darauf hofft, dass es keine Heuschreckentendenzen geben wird. Wie unglaubwürdig können Politiker überhaupt noch werden?


Fassungslos ist man weiterhin, wenn man die Arbeit der Insolvenzverwalter anschaut. Sachwalter Jens Lieser scheint die Vorgänge am Ring für seine Privatangelegenheit zu halten, bei denen er nach Belieben ohne Rücksprache mit dem Gläubigerausschuss schalten und walten kann. Bereits die Vorgänge am Tag des Verkaufs lassen viele Fragen offen. Wenn die Finanzierung von Capricorn damals transaktionssicher stand, wie kann es nun sein, dass sie nicht mehr existiert? Wie kann es sein, dass die Finanzierungszusage der Deutschen Bank bereits seit Monaten nicht mehr existiert, und Lieser will nichts davon gewusst haben? Und dann werden nach Ausbleiben der zweiten Kaufpreisrate mal eben Verträge nachjustiert, wiederum ohne den Gläubigerausschuss. Zur Krönung des Ganzen heißt es nun in der Presse, Lieser hätte eine sehr aktive Rolle beim Einstieg des russischen Investors gespielt. Lieser wie auch Professor Dr. Dr. Thomas Schmidt wurden nicht müde, die Gefahr der Übernahme durch einen Superreichen als völlig überzogen und unrealistisch darzustellen. Und nun hat Lieser selbst die Fäden gezogen? Wie skrupellos muss jemand sein, der anfangs als der Gutmensch auftrat, der nur Gutes für Region und Motorsport erreichen wollte?

Fassungslos sind auch die Menschen in der Region und dem Motorsport. Nun ist es also passiert, der Nürburgring, auf den die Menschen in der Eifel so stolz sind, ist in russische Hände verkauft. Und alle schauen zu. Viele haben sich vor dieser ab jetzt unkontrollierbaren Situation gefürchtet, nun ist sie da. Jetzt gilt es, die Schockstarre schnell zu überwinden und die Reserven zu mobilisieren, Briefe an lokale und Landespolitiker zu schreiben, sogar an die EU-Kommission. Die regionalen Politiker mit Ausnahme von Bürgermeister Schüssler dürfen sich nicht wieder wegducken. Hofft man wirklich darauf, dass diese Investoren sich für die Belange der Region interessieren? Dass so etwas wie RCN oder VLN einen Stellenwert hätten?

Fassungslos sind viele, weil es überhaupt so weit kommen konnte. Die Ängste richten sich nicht gegen die Investoren wegen ihrer Landeszugehörigkeit. Vielmehr geht es um die Einstellung, die man von jemandem erwarten kann, der in seinem Leben anscheinend nur ein Mal kurz am Nürburgring gewesen ist. Um Leute, die wie Abramowitsch rund eine Milliarde Euro für eine von mehreren Jachten ausgeben, mit eigenem U-Boot und Raketenabwehrsystem, um dann mit 24 Personen herumzuschippern. Solche Eigentümer stellen keine Wirtschaftlichkeitsrechnungen an. Sie brauchen keine Region, keinen Motorsport. Was da zählt, ist Exklusivität, nichts anderes. Und was wäre wohl exklusiver, als seinen privaten Nürburgring zu haben?

Ich höre schon die, die sagen, dass das völlig überzogen sei. Man solle die doch erst einmal machen lassen. So schlimm würde es schon nicht werden.

Das sind die gleichen Leute, die zu Beginn des Kaufprozesses gesagt haben, ein Scheich oder Oligarch würde nie kommen. Und nun? Wer will die Dinge verhindern, wenn sie nicht so laufen, wie sich das der Eifelaner so vorstellt?

Ich hoffe, dass jetzt endgültig verstanden wird, was die Uhr geschlagen hat. Der Verkauf ist noch nicht vollzogen. Auch die Landesregierung kann noch entscheidenden Einfluss nehmen. Die Ausflüchte, dass alles in den Händen von Lieser und Schmidt läge, will niemand mehr hören, und sie entsprechen auch nicht den Tatsachen. Als Hauptgläubiger hat man einen entscheidenden Einfluss über die Gläubigerversammlung und Gläubigerausschuss bis hin zum Austausch der beiden Herren. Wenn sich die Landesregierung nicht dazu in der Lage sieht, sollte sie zurücktreten und das von Leuten machen lassen, die sich dazu in der Lage sehen.

Jeder kann seinen Unmut über die Entwicklung zeigen, und das sollte er jetzt auch tun.

Oder aber abwarten, ob alles „nach Plan“ läuft. Und dann den Kindern irgendwann erzählen, dass man ja nichts hätte ahnen können, wenn die nachfragen, warum man jemals zugelassen hat, dass der Nürburgring, das automobile Kulturgut schlechthin, das wirtschaftliche Fundament der Region, einfach so zum Spielball von Superreichen werden konnte.

 

Update:

http://www.allgemeine-zeitung.de/topthema/mainz-erdbeben-in-der-landesregierung-ahnen-ersetzt-kuehl-schweitzer-und-hartloff-raus_14747494.htm

 

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