Der Carsharing-Dienst ShareNow wechselt den Besitzer. Die Stellantis-Tochter Free2move hat einen Vertrag zur Übernahme des bisher von BMW und Mercedes-Benz Mobility betriebenen Joint Ventures unterzeichnet. Der französische Mobilitätsdienstleister baut dadurch eine Carsharing-Flotte um rund 10.000 Fahrzeugen auf 12.500 Autos aus.
ShareNow ist 2019 aus der Mercedes-Tochter Car2go und dem BMW-Wettbewerber DriveNow hervorgegangen. Nach der Einstellung aller außereuropäischer Aktivitäten ist der Car-Sharing-Anbieter aktuell noch in Deutschland, Italien, Spanien, Österreich, Ungarn, Dänemark und den Niederlanden vertreten. Größter Standort ist Hamburg mit 1.100 Fahrzeugen, die im sogenannten Free-Floating-Modell an registrierte Kunden vermietet werden. Kunden können die Fahrzeuge im kompletten Operationsgebiet an jedem Ort starten und auch wieder abstellen. Neben dem Carsharing-Dienst betreiben Mercedes und BMW noch weitere Mobilitätsdienste, etwa für die Parkplatzsuche oder das Laden von E-Autos. Auch die Mobility-as-a-service-Plattform FreeNow soll erhalten bleiben.
Mit der Übernahme des größten europäischen Carsharing-Anbieters will Free2move selbst zur Nummer eins werden, nicht nur in Europa, sondern global. Seit kurzem ist der Dienst auch in den USA aktiv. Die Stellantis-Tochter betont die Profitabilität des Geschäftsmodells und erhofft sich Skaleneffekte und Synergien. Bis 2030 soll der Umsatz mit Mobilitätsdienstleistungen auf 2,8 Milliarden Euro steigen
Ist Car-Sharing gescheitert?
Der Verkauf von Share Now ist keine Bankrott-Erklärung für das Prinzip des Car-Sharings und es bedeutet auch nicht, dass die Idee vom geteilten Auto verkehrt ist. Es ist nur ein weiteres Beispiel dafür, wie man die bestraft, die zu früh dran sind und die, die nicht durchhalten wollen.
It is the future, stupid!
Die Verluste von ShareNow übersteigen seit der Gründing die eine Milliarde-Grenze. Ist Carsharing deswegen eine Todgeburt? Nein, es sind systemische Probleme die bislang nicht in den Griff zu bekommen waren, so scheint es zumindest. Oder hadert es am Ende schlicht am langfristigen Strategie-Horizont von DAX-Unternehmen? Ein CEO-Wechsel hier, eine Pandemie dort und dann ganz nebenbei eine Krise und ein Dieselgate. Egal mit welchen Hürden die Automobil-Industrie zu kämpfen hat, die Strategie sich in der Zukunft ein Auto zu teilen ist nicht falsch, nur weil man bislang das Unternehmensmodell Car-Sharing für kurzfristige Zulassungsspitzen mißbraucht hat.
Free-Floater versus Mietwagen
Das Konzept ein Fahrzeug im urbanen Ballungsraum per Smartphone zu mieten und es einfach dort stehen zu lassen, wo man es nicht mehr benötigt, klingt nicht nur sympathisch – es ist es auch. Und gerade die Corona-Zeit und das Modell Home-Office haben positive Einflüsse auf die Geschäftsentwicklung der free floater Vermieter gehabt. Für Premium-Hersteller wie Mercedes-Benz und BMW war das Modell des “wir vermieten ein Auto, sind aber keine Autovermietung” eine attraktive Lösung um neue Absatzwege zu erschließen. Das man nun vorzeitig das Engagement in diesem Bereich beendet und die gute Idee an einen Mitbewerber verkauft, zeigt auch – es gibt zu recht unterschiedliche Sichtweisen auf die Problemfelder.
Automobil-Hersteller müssen sich transformieren. Automobil-Hersteller müssen Absatzkanäle überdenken und Mercedes-Benz stellte gerade erst das Absatzmodell auf ein Agenturmodell ob. Damit übernimmt man die Führung bei der Gestaltung der Absatzpreise und schrumpft Autohändler auf Outlet-Stores mit Online-Vertrieb zusammen. Mercedes-Benz will sich aber auch zurück auf den Premium-Gedanken besinnen. Eine Luxusmarke und free-floater Mietwagen deren äußeres Erscheinungsbild im großstädtischen Alltag nicht immer positiv ist, scheint nicht zueinander zu passen. Die Gründe sich vom Unternehmen “Share now” zu trennen sind eindeutig nicht, weil das Geschäftsmodell falsch ist. Es ist eine rein politische Entscheidung.
Für Stellantis ist der Kauf eine logische Entscheidung und auch ein richtiger Expansions-Schritt. Ein einfach zu steuernder Absatzkanal für die eigenen Produkte und der klassische Käufer der Stellantis-Marken ist eh selten im Premium-Segment zu finden. Daraus entsteht kein Spannungsfeld.