Genfer Salon: Allerlei vermessene Kritik

Was macht ein Messeveranstalter, wenn sein Zugpferd lahmt? Er wechselt den Standort, ergänzt die Messe oder tut beides. Zu meckern gibt es trotzdem immer was. Natürlich auch über andere Themen.

Bekanntlich hört ja beim Geld die Freundschaft auf. Das alte Sprichwort mag zwar oftmals richtig sein, im richtigen Leben ist es aber eher andersrum. Da fängt die Freundschaft erst mit der Kohle an. Jüngstes Beispiel: Der Genfer Salon hat seine Freundschaft zu Katar entdeckt. Gemeinsam mit der kleinen, aber reichen arabischen Halbinsel will man ab nächstes Jahr, spätestens aber 2023 einen Ableger des Genfer Salons in der Wüste stattfinden lassen. Katar möchte Touristen anlocken, der Genfer Salon die pekuniäre Lücke schließen, die Corona gerissen hat. Wenn die Scheichs gerne einen eigenen namhaften Autosalon haben wollen, warum nicht? Die kaufen schließlich ja auch jede Menge Luxusautos. 

Was in Katar alles so passiert

Kann man also machen. Katar kauft zudem Sportrechte, Weltmeisterschaften und Fußballclubs nur zur Ankurbelung des Tourismus. Zum selben hehren Zweck werden übrigens auch Zwangsarbeiter beschäftigt, oder – wie jüngst herauskam, Taliban-Führer hofiert und nicht zuletzt finanziert. Wahrscheinlich findet sich unter den Verantwortlichen des Genfer Salons auch jemand, der behauptet, durch die Zusammenarbeit werde die Menschenrechtslage vor Ort verbessert. Das klappt beim Fußball ja schon ganz trefflich.

Abgesehen von derlei Petitessen finden wir es tatsächlich mutig, in den Zeiten, da das Messewesen weltweit dahindarbt, einen neuen Standort ausgerechnet für einen Autosalon auszurufen. Immerhin kann man davon ausgehen, dass es – anders als höchstwahrscheinlich demnächst in München – wohl eher kaum zu lokalen Protesten kommen wird. 

Die in München richten sich weniger gegen die Messe als solche, sondern gegen das Auto an sich. Dabei sind just dort diesmal so wenige Autos vertreten wie noch nie in der Neuzeit. Und manches was auf der Messe oder im Umfeld gezeigt wird ist gar kein richtiges Auto, sondern nur so eine Art Mini-Me eines solchen unter den Zulassungsbedingungen eines Leichtfahrzeug. Clever. So kann man dezent auf den guten Willen hinweisen und trotzdem ein neues Fahr-Zeug präsentieren. Und die manchmal nur 45 km/h Höchstgeschwindigkeit reichen locker für jeden Innenstadtbereich einer europäischen Großstadt.

Schwierig wird es, wenn man auf schnellere Fahrspuren wechseln muss, weil man urbane Gefilde verlassen will. Dann ist solches F-Zeugs doch eher ein Hindernis, wenn nicht sogar gemeingefährlich, weil man natürlich bei der Konstruktion unter Nicht-Auto-Bedingungen auf Sicherheitsfeatures verzichtet. Also nicht, dass wir uns missverstehen. Die Kisten sind schon sicherer als zu Fuß entlang der Fahrbahn zu gehen oder einen E-Scooter zu nehmen und trockener ist‘ s bei Regen auch. Aber viel mehr eben nicht. 

Alkohol und E-Scooter

Apropos – die kleinen spontan mietbaren E-Scooter gelten mancherorts noch immer als ein echter Baustein innerstädtischer Mobilität, was uns dann doch verwirrt. Sie liegen zuhauf rum, und zwar gerne im Weg. Und sie werden just dann benutzt, wenn der Fahrer, also zu neudeutsch der User, nicht mehr in der Lage ist geradeaus zu gehen. Kleinliche Auslegungen, dass man auf motorisierten Gefährten keinen Alkohol intus haben sollte, lassen wir hier mal beiseite. Da scheint sich ja eh keiner drum zu kümmern.

Es stört nicht mal, wenn die User die Teile, statt sie irgendwo sinnvoll zu parken einfach wegschmeißen, beispielsweise in den Rhein. Wahrscheinlich findet man am Grund der Spree auch jede Menge davon. Hoffentlich kommt jetzt keiner auf die Idee, die Mini-Me-Autos zum Teilen überall hinzustellen. Die schwimmen eventuell nach dem Wegwerfen auf oder sie verstopfen den Kanal, Bach, Fluss, oder wo immer sie drin zu Liegen respektive zum Schwimmen kommen. 

Nicht verstopfen und nach unseren Kenntnissen auch keinerlei schädliche Einwirkungen auf die Umwelt haben etliche der Supersportwagen, die auf Messen gerne als Konzept gezeigt werden. Mercedes hat jetzt eine besonders umweltschonende Version vorgestellt. Der Projekt One, Star der IAA 2017, sollte eigentlich 2019 und dann doch erst in diesem Jahr einer kleinen Schar von Kunden zugeteilt werden. Anscheinend gab es aber doch kleinere Probleme bei der Zulassung eines Formel-1-Antriebs im Straßenverkehr, jedenfalls ist uns in Sachen Serienanlauf nichts weiter zu Ohren gekommen. Wohl aber präsentieren die Stuttgarter pünktlich zur Gamescom die virtuelle Version des Boliden. Dagegen werden nun doch selbst die strengsten Kritiker der Autozunft nichts haben können.  Sonst noch was? Nächste Woche wieder.

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