Überall SUV und E-Antrieb? Nicht ganz. Mit dem Mazda MX-5 steht immer noch ein Auto vom alten Schlag beim Händler. Wer ein paar Nachteile akzeptiert, kann mit dem kleinen Japaner sehr glücklich werden.
Dass ein erfolgreiches Automodell einen Trend setzt, dem zahlreiche Epigonen folge, kommt gelegentlich vor. Dass es diesen aber auch noch überlebt, ist echt außergewöhnlich. Dem Mazda MX-5 ist das gelungen. Mit dem japanischen Roadster startete Anfang der 90er-Jahre das Comeback des Genießer-Cabrios für breite Käuferschichten. Heute ist der Zweisitzer wieder allein auf weiter Flur. Dabei hat sich an seinen Vorzügen in den vergangene 36 Jahren nichts geändert, wie ein Ausflug mit der aktuellen, vierten Generation zeigt.
Groß war der Mazda-Roadster noch nie. Geparkt neben einem gewöhnlichen SUV sieht der MX-5 mittlerweile aber geradezu winzig aus. Ein Eindruck, der sich beim Einsteigen fortsetzt: Tief fällt man ins Gestühl, Tür und Mittelkonsole schließen einen eng ein. Und von oben drückt das Dach. Schnell also auf mit dem Verdeck, was immer noch ausschließlich manuell, aber dafür blitzschnell läuft. Haken auf, Stoff nach hinten werfen, einmal festdrücken und los geht`s. Ein bisschen flüssiger vielleicht als früher, aber im Prinzip wie vor knapp vier Jahrzehnten. Damals belebte der MX-5 das Segment der klassischen Roadster neu, das in den 60er- bis 80er-Jahren von englischen Modellen geprägt wurde. Darüber hinaus war der Japaner aber auch Vorbote eines neuen Cabrio-Trends, der das Oben-ohne-Fahren wieder in die Mitte der Gesellschaft gebracht hat. Vorher und auch jetzt wieder ist der offene Pkw eher ein teurer Luxus.
Ein bisschen Moderne ist im Cockpit mittlerweile natürlich trotzdem eingezogen. Doch auf Riesen-Displays und experimentelle Touch-Bediensystem verzichtet Mazda weiterhin. Stattdessen gibt es klassisch gute Verarbeitung, ordentliche Materialien und ein zeitlos-sportliches Interieur-Design. Der Platz für Gepäck (der Kofferraum fasst gerade mal 130 Liter), Kleinkram (Ablagen sind sparsam verteilt) und den eigenen Körper ist begrenzt. Schon der Scheitel des durchschnittlichen Mitteleuropäers kommt dem oberen Rand der Windschutzscheibe ziemlich nahe. An einen Überschlag will man da gar nicht denken.
Andererseits: So schön an der frischen Luft sitzt man in kaum einem anderen Cabrio. So knapp über der Straße auch nicht. Beides zusammen macht einen Gutteil der ungebrochenen Faszination des kleinen Japaners aus. Den anderen Part steuern Antrieb und Fahrwerk bei: Allein der nicht übertrieben durchzugsstarke, aber umso drehfreudigere Saugmotor sorgt für Fahrfreude. Auf einen Turbo verzichtet Mazda beim Benziner im Gegensatz zur fast kompletten Konkurrenz weiterhin, was im MX-5 die Verbindung von Fahrer und Fahrzeuge stärkt. Wer nämlich zügig im wunderbar mechanisch-knackigen Handschaltgetriebe durch die sechs Vorwärtsgänge klickt, hält den Vierzylinder sicher im Wohlfühlbereich und wird mit Fahrleistungen belohnt, die sich deutlich zügiger anfühlen als es die eher mäßigen Papierwerte nahelegen.
Flankiert wird der quirlige Motor von einem sehr verbindlichen Fahrwerk. Die Lenkung ist straff und präzise, die Dämpfer halten die leichte Karosserie sicher in der Waage und der Hinterradantrieb schiebt den kleinen Zweisitzer beherzt um die Kurve. Alles zusammen – Motor, Fahrverhalten und Sitzposition – verschaffen dem Fahrer ein Gefühl der Eingebundenheit, die es in modernen Autos nur mehr selten gibt. Zumindest unterhalb der echten Sportwagenklasse. In die schafft es der Mazda mit seiner überschaubaren PS-Leistung und den hauptsächlich subjektiv starken Fahrleistungen nicht wirklich. Das allerdings zeigt sich dann auch am Preis. Mit mittlerweile 31.300 Euro für das Basismodell leidet der MX-5 zwar auch an der allgemeinen Auto-Teuerung – im Vergleich mit ähnlich spaßigen Autos, oder gar Cabrios, ist er aber fast ein Schnäppchen. Seit das Schwestermodell Fiat 124 Spider vom Markt genommen wurde und der Audi TT Roadster kurz vor seinem Lebensende steht, muss man schon mehr als eine Preisklasse höher ins Regal greifen, um einen vergleichbaren Roadster zu bekommen. Allgemein ist das Cabrio-Angebot nach einer Boom-Zeit um die Jahrtausendwende zuletzt stark geschrumpft.
In der Zeit von SUVs, Turbo- und Elektromotoren und vordergründiger Technik-Rationalität ist der MX-5 eine Ausnahmeerscheinung: Weder besonders praktisch noch komfortabel oder mit irgendeiner Form von Nutzwert ausgestattet, feiert der Roadster das Fahren als reine Freude. Wer dem etwas abgewinnen kann, findet nirgends mehr Spaß fürs Geld.
Holger Holzer/SP-X
Technische Daten – Mazda MX-5 Skyactiv-G 1.5:
Zweisitziger Roadster, Länge: 3,92 Meter, Breite: 1,74 Meter (1,92 Meter mit Außenspiegeln), Höhe: 1,23 Meter, Radstand: 2,31 Meter, Kofferraumvolumen: 130 Liter.
1,5-Liter-Vierzylinder-Saugbenziner, manuelles Sechsgang-Schaltgetriebe, Hinterradantrieb, 97 kW/132 PS, maximales Drehmoment: 152 Nm bei 4.500 U/min, 0-100 km/h: 8,3 s, Vmax: 204 km/h, Durchschnittsverbrauch: 6,1 Liter, CO2-Ausstoß: 138 g/km, Testverbrauch: 7,5 Liter, Abgasnorm: Euro 6d, Preis: ab 31.290 Euro.
Kurzcharakteristik:
Warum: puristische Cabrio-Fahrfreude
Warum nicht: wenig Platz, kleiner Kofferraum
Was sonst: Audi TT